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Geschrieben von: RainerD auf dem Kriegspfad - Karl May, Partisanen, Minen - 24/06/2010 19:44
Bei meiner Reise durch das ehemalige Jugoslawien sind mir einige Dinge aufgefallen, die ich für besonders berichtenswert erachte, jedoch nicht in einem allgemeinen touristischen Reisebericht untergehen sehen möchte.

Manches habe ich als gefährlich empfunden, vieles nicht richtig zuordnen oder verstehen können.
Da ich nicht mal ansatzweise eine der auf dem Balkan gebräuchlichen Sprachen spreche, war eine Kommunikation sehr erschwert. Natürlich ist die deutsche Sprache dort nicht gänzlich unbekannt, aber man muß schon ein bißchen Glück haben, jemanden zu begegnen, der früher vielleicht mal als „Gastarbeiter“ in Deutschland gelebt hat. In den Badeorten an der Küste und auf den Inseln tritt das Sprachproblem natürlich viel weniger in Erscheinung. Aber meine Frau und ich wollten ja genau keinen Badeurlaub.

Zuallererst ein wichtiger Hinweis: Ohne ein wenig Beschäftigung mit seiner Geschichte wird man dem Balkan nicht näher kommen. Ein grober Überblick über tausend Jahre Zwist und Krieg: http://www.fifoost.org/jugoslaw/land/geschichte.php

Und noch eine wichtige Vorbemerkung: Nach der Reise habe ich auch nicht ansatzweise das Gefühl, jetzt den Balkan besser verstehen zu können. Diesen Anspruch an einen „Reise-Erfolg“ muß man als Urlauber aber wohl auch nicht unbedingt haben – oder?

Jetzt aber zur eigentlichen Thematik dieses Threads:

Das Fotomotiv, welches mich und meine Frau während unserer Balkanreise im Spätsommer 2009 am meisten berührt hat, ist dieses hier:
Foto: ins Schwarze getroffen: [Linked Image von img692.imageshack.us]

Ich kenne Schießübungen auf Verkehrsschilder von Reisen in verschiedenen Ländern. Zumeist an abgelegenen Stellen stehend sind die dort betroffenen Verkehrsschilder aber immer von einer Vielzahl von Einschüssen getroffen – niemals nur von einem einzigen genau plazierten Schuß.

In diesem Fall völlig anders! Dies ist nicht das Resultat einer Zielübung eines Waffen-Narren und auch kein Akt von unreflektiertem jugendlichem Vandalismus. Auch kein Ballern im besoffenen Kopp.
Es handelt sich vielmehr um eine glasklare, zielgerichtete Warnung. Eine recht frische Botschaft zumal, da ich auch bei genauerer Betrachtung der Einschußstelle noch keinerlei Korrosionsspuren feststellen konnte.

Die Straße, an dessen Rand dieses Schild steht, ist eine ganz normale, ordentliche Landstraße, der ich dann über etliche Kilometer noch ca. eine halbe Stunde gefolgt bin.
Foto: gefährliche Straße: [Linked Image von img8.imageshack.us]

Rechts und links gelegentlich ein Bauernhaus. Nicht ungepflegt auf den ersten Blick, manchmal sogar frisch-gekälkt erscheinend. Aber nirgendwo ein Anzeichen von Leben. Kein Mensch zu sehen. Nicht mal ein Auto vor dem Haus. Und auch keine Kuh, keine Schaf, kein Esel auf der Wiese – selbst ein Huhn: Fehlanzeige! Dafür das Gras aber ungemäht-hoch, zu hoch für mein Gefühl
.
Eine No-Go-Area, überwacht von Snipern? Nachts völlig unkalkulierbar, tagsüber aber problemlos passierbar ? Oder umgekehrt? Ich weiß es nicht, und niemand da, den man fragen könnte.
Wir fahren weiter – was bleibt uns übrig? Und trösten uns mit der Vorstellung, daß erstens nur Einheimische, zweitens nur Geschwister gemeint seien. Und drittens alles sowieso nur eine Fehlinterpretation unsererseits ist. (Sollte ich an dieser Stelle einen Smilie setzen – und wenn ja, welchen? Grübel)
Wir fühlen uns, jetzt am hellichten Tag, jedenfalls nicht unmittelbar bedroht, aber wie muß es den Einheimischen ergehen, wenn sie ihre Kinder zur Schule schicken? Aber es scheinen ja keine mehr da zu sein...

Ein paar Kilometer weiter kommen wir an einer schneeweißen Kirche vorbei. Das Gebäude ist offensichtlich instandgesetzt worden. Oder komplett wiederaufgebaut? Wir halten an und schauen uns eine große Gedenktafel an. Überwiegend alte Menschen, einige mehr als 80 Jahre alt, sind in dieser Gegend gestorben. Alle ausnahmslos 1992/93 – als der Bürgerkrieg hier wogte. Sind sie alle in ihren Häusern oder Gärten massakriert worden, weil sie sich nicht vertreiben lassen wollten?

Foto: Gedenktafel [Linked Image von img156.imageshack.us]

Endlich, nach weiteren quälenden Kilometern, auf denen wir nur einem einzigen Auto begegnen, erreichen wir ein größeres Dorf bzw. eine kleine Kleinstadt. Viele Wohnhäuser auf einem Haufen, ein paar Geschäfte, eine Bank, mehrere Cafes: Auf die Schnelle sind keinerlei Spuren des Krieges zu sehen. Im Zentrum ein kleiner Park, auf dessen Bänken gelangweilt ein paar Alte sitzen. Jeder Schritt von uns wird argwöhnisch beäugt. Touristen kommen hier anscheinend nicht so häufig vor. Ich gehe zur Bank, um Geld am Automaten zu ziehen und wir verlassen den Ortsmittelpunkt wieder.
Ein Supermarkt am Ortsrand zieht uns magisch an.
Es handelt sich um einen futuristischen Neubau, genau wie der zugehörige Parkplatz eigentlich völlig überdimensioniert für den kleinen Ort. Natürlich vollklimatisiert und durchelektrifiziert. Mit einem Super-Sortiment an Haushaltswaren, Lebensmitteln und Getränken. Einheimische Spezialitäten genauso wie internationale Marken. Clean und alles einen Tick ... zu westlich.
Wir kaufen ein und erleben an der Kasse eine Überraschung. Als Deutsche erkannt, spricht uns die junge Kassiererin in makellosem Deutsch an. Ob wir Urlaub machen? (Ja, was sonst) Wie wir ihr Land finden? (Na, schön natürlich) Ob wir noch länger bleiben? (Nein, leider nur auf der Durchreise) Wir antworten zudem ehrlich, daß wir vieles nicht recht einordnen können und erkundigen uns unsererseits nach ihrer Herkunft. Da im Laden kaum Betrieb herrscht, kommt ansatzweise ein richtiges Gespräch zustande. Die Kassiererin erzählt uns, daß sie in Deutschland aufgewachsen ist. Deutschland sei „gut“, aber jetzt sei sie froh, doch in ihrer Heimat zu sein. Es sei alles in Ordnung. Sie fühle sich wohl und „endlich frei und sicher“. Auf meine Frage, was das menschenleere Umfeld ihrer neuen alten Heimat zu bedeuten habe, gibt es leider keine Antwort mehr. Kunden kommen zur Kasse. Die Kassiererin hat keine Zeit mehr. Wir können uns nur noch kurz verabschieden.

mfG
Rainer


Fortsetzung folgt.



Was mich sehr nachdenklich gemacht hat bei meiner Reise nach Zadar war eine Hochebene. Dort fuhren wir 2000 auf einer Straße (nicht Autobahn) von Zagreb Richtung Küste. Karstlandschaft / steinige Graslandschaft /Winnetou-Land.

Auf dieser Ebene (min. 20 km x 5 km) waren viele Steinhügel im Abstand von ca. 20m zu sehen, dazwischen kreisrunde Wasserlöcher von 1m bis 2m Durchmesser. Ein Freund hat davor gewarnt, dort den Asphalt zu verlassen - vermintes Gelände.

Mir war dann auch klar, welche Bedeutung die Hügel und Wasserlöcher haben! Und es gab tausende davon!!!
Ja, das stimmt. Da bin ich auch langgekommen.
Zur Minensituation schreib ich aber noch was ausführlicher.

Jetzt aber zunächst noch ein paar Beispiele, wo die Zerstörungen, die der Bürgerkrieg angerichtet hat, deutlich werden. Immer noch sind sie nämlich an vielen Orten sichtbar.

Foto: Ruinen in Bosnien: [Linked Image von img228.imageshack.us]


Foto: gesprengter Bau in Kroatien:[Linked Image von img704.imageshack.us]


Foto: die Reparatur dieser zerstörten Kirche scheint eingestellt. Möglicherweise gibt es in dieser Gegend keine Christen mehr, die eine Kirche benötigen würden: [Linked Image von img696.imageshack.us]


Foto: neue bzw. wiederaufgebaute Moschee:
[Linked Image von up.picr.de]


Foto: neue bzw. wiederaufgebaute Kirche:
[Linked Image von up.picr.de]


An den makellos wiederhergestellten Gotteshäusern und Moscheen, kann man wohl in etwa ablesen, welche Bevölkerungsstruktur in der jeweiligen Gegend vorherrscht. Sie haben einen starken Symbolcharakter für die kulturelle und religiöse Identität, in viel größerem Ausmaß, als dies bei uns der Fall ist.

Man kann an ihnen wohl auch den „Erfolg“ der ethnischen Säuberungen ablesen.


Fortsetzung folgt.

mfG
Rainer




Thematik Minen

Dieses Schild ist ernstzunehmen. Unbedingt!
Foto: Minenwarnung: [Linked Image von img145.imageshack.us]

Und Vorsicht! Auch unmittelbar am Fahrbahnrand wurden häufig Minen verlegt. Und das Betreten leerstehender Häuser sollte wegen möglicher Sprengfallen unbedingt vermieden werden.
Foto: möglicherweise vermintes Gebäude: [Linked Image von img80.imageshack.us]


Man darf auch nicht glauben, daß man dort sicher wäre, wo keine Minenwarnung besteht.
Sicherlich dürften mittlerweile die meisten Minenfelder erfaßt und markiert sein, viele auch bereits geräumt.
ABER: Während des Bürgerkriegs sind unzählige Minen in die Landschaft gekommen. Ausgestreut ohne Verlegeplan, quasi nach Gutdünken einzelner Einheiten und Soldaten bzw. ihrer Kommandeure. Niemand weiß, wo überall Minen liegen. Auch wurden Plastikminen gestreut, die sich schlecht detektieren lassen und insbesondere Kinder anlocken sollen.

Und selbst wenn ein Minenfeld als geräumt gilt, besteht immer noch ein Restrisiko, daß die eine oder andere Mine funktionstüchtig zurückgeblieben ist. Unter Minenräumern heißt es nicht umsonst: „Die letzte Mine findet man nie.“

Und eine besondere Perfidie ist darin zu sehen, daß Warnschilder auch demontiert werden. Von Touristen gestohlen, die ein schönes Andenken für die Kellerbar mitnehmen und von Einheimischen entfernt, weil die Touristen nicht geängstigt werden sollen. Verrückt!

Auch die Minenkarten geben nur ein trügerische Sicherheit, sind zur Gefahrenabschätzung aber natürlich schon ganz nützlich. Ich hätte mir vor der Reise etliches ausgedruckt, die Karten dann jedoch dummerweise zuhause liegen lassen. Sowas wie hier z.B.: http://www.hcr.hr/en/minskaSituacijaKarta.asp?ID=13

Wir haben während der ganzen Reise über den Balkan nicht einen einzigen Wald- oder Wiesenbrand gesehen – oder Spuren davon. Aber als wir wieder einmal auf einer absoluten Nebenstrecke durch ein dünnbesiedeltes Waldgebiet fahren, finden wir an dieser Stelle den Boden verbrannt vor. Zudem ein Minenwarnschild. Ist hier eine der Minen hochgegangen und hat einen Brand ausgelöst?
Foto: hier hat es gebrannt (Mine, Brandbeschleuniger ?): [Linked Image von img532.imageshack.us]

Als wir wenig später an einem Geländewagen mit abgedunkelten Scheiben vorbeifahren, aus dem soeben vier junge Männer ausgestiegen sind, die offensichtlich zu einem verlassen erscheinenden Gebäude auf einer Waldlichtung hinwollen, machen wir uns schnell vom Acker. Einer hat einen Rucksack über die Schulter gewurfen, trägt ihn lässig an nur einem Riemen. Alle vier haben Sonnenbrillen aufgesetzt. Cool, aber hier in diesem Waldgebiet etwas befremdlich. Was da abgeht, wollen wir gar nicht so genau wissen. Verstehen könnten wir es wohl sowieso nicht und verhindern schon mal gar nichts. Und vielleicht ist ja auch alles völlig harmlos. Weg sind wir.

Irgendwann endet der dichte Wald und es eröffnet sich der Blick auf eine weite Ebene. Sehr schönes Panorama. Eine kaum befahrene Spur führt als Alternative zum miserablen Forstweg direkt über eine Wiese. Offensichtlich eine Abkürzung, jedoch wenig genutzt. Ich fahre ein paar Meter hinein und steige nur aus, um ein Foto zu machen, wobei ich darauf achte, unmittelbar am Auto zu bleiben. Dann setze ich ohne zu wenden in der eigenen Spur wieder bis zur Schotterpiste zurück. Sicher ist sicher.
Foto: Ein Idylle, die trügerisch sein kann: [Linked Image von img13.imageshack.us]

Fortsetzung der Minenthematik folgt.

mfG
Rainer



Ein weiteres Beispiel, wo wir nicht genau wußten, woran wir waren.

Wir fahren über einen wildes Gebirgsmassiv, hoch zum Pass Mali (H)alan. Eine richtige Karl-May-Szenerie – und tatsächlich sind hier auch einige Szenen der Filme mit Winnetou und Old Shatterhand gedreht worden.
Foto: wilde Wand: [Linked Image von img822.imageshack.us]

Während der Auffahrt zerstörte Gebäude und Minenwarnschilder.
Foto: besser fernbleiben!: [Linked Image von img683.imageshack.us]

Umsomehr erstaunt uns, daß eine Schäferin mit Dutzenden von Ziegen den Fahrweg kreuzt. Sie kommt mit ihren Tieren auf geradem Weg vom Berg herunter - aus vermintem Gelände?
Foto: [Linked Image von img688.imageshack.us]

Die alte Militärstraße ist in einem ordentlichen Zustand und wird rege befahren – von Einheimischen aber auch von Touristen. Vorbei an einer kleinen Kapelle, in makellosem Weiß, sind wir nach vielen Serpentinen auf der Passhöhe. An der Straßenrandbefestigung fallen einige Schäden ins Auge. Spuren von Beschießung?
Foto: beschädigter Straßenrand: [Linked Image von img249.imageshack.us]

Und auch hier: Minenwarnungen! Umso erstaunter sind wir, als wir einige Wanderer erblicken, die aus Richtung Felsmassiv über die weiten, mit Geröll durchsetzten Wiesen gekommen und soeben auf die Schotterstraße eingebogen sind. Ob’s mit den Minen hier doch nicht so wild ist? Andererseits ist gerade dieser Pass hart umkämpft gewesen. Was soll man davon halten? Alle Minen erfolgreich geräumt?
Foto: Wanderer: [Linked Image von img408.imageshack.us]

Wieder ein paar hundert Meter weiter, immer noch in der Scheitelregion des Passes, stoßen wir auf ein merkwürdiges Fahrzeug am Straßenrand. Dort ist ein LKW abgestellt, der mit Bienenkörben beladen ist.
Foto: LKW: [Linked Image von img526.imageshack.us]

Ich habe gelesen, daß in Kroatien mit Bienen zur Minensuche experimentiert wird. Die Bienen werden auf den spezifischen Geruch des Sprengstoffes konditioniert und umschwirren dann die unentdeckten Minen. Soweit der Ansatz, wie ich ihn verstanden habe. Ob es sich hier um solch ein Minensuch-Projekt handelt? Oder doch nur um die traditionelle Honigsammel-Methode eines Imkers auf ergiebigen Bergwiesen? „Mille Fiori“ (tausend Blumen) nennen die Italiener eine solche Honigsorte – sehr lecker! Haben die Bienenstöcke also keine besondere Bedeutung?
Foto: Bienenkörbe: [Linked Image von img96.imageshack.us]

Wer beabsichtigt, nach Kroatien oder Bosnien-Herzegowina zu fahren und sich dort auch abseits der Küste bzw. der Hauptstraßen fortzubegen, dem sei dringend angeraten, sich mit der Minenproblematik zu beschäftigen. Ein hervorragender Einstieg ist z.B. dieser Link: http://mitglied.multimania.de/mayenzeit/newpage.html
Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Situation an den Drehorten der Karl-May-Filme, also den Orten von besonderer landschaftlicher Schönheit und ist daher auch für Nicht-Cineasten von touristischem Interesse.

Foto: Minenwarnung:[Linked Image von img413.imageshack.us]

Schluß folgt.

mfG
Rainer

Abschließend noch einige steinerne Erinnerungen an Krieg und Tod auf dem Balkan.

Foto: in Skodher, Albanien überlebensgroße Statue von Isa Boletini, einem Freiheitskämpfer für die albanische Sache. http://kosova-aktuell.de/index.php?option=com_content&task=view&id=304&Itemid=40 Aus serbischer Sicht war er natürlich ein Bandit:
[Linked Image von up.picr.de]

Foto: im Kampf gestorben: [Linked Image von up.picr.de]

Foto: ein Kommandeur?: [Linked Image von up.picr.de]

Foto: UN-Friedenswächter, gestorben auf ihrem Beobachtungsposten: [Linked Image von up.picr.de]

Und jetzt noch zwei Fragen.

Erstens: kann vielleicht jemand zu dieser Statue in Montenegro etwas sagen? Es hat Bindfäden geregnet, und ich habe es mir erspart, die Inschrift auf dem Sockel anzuschauen.
Aber vielleicht kann ja jemand sagen, was der Text auf der drübergehängten Banderole bedeutet?
Ich nehme an, es handelt sich um die Darstellung eines jugoslawischen Partisanen aus dem zweiten Weltkrieg.
Foto: Partisan? [Linked Image von up.picr.de]

Zweitens: kann vielleicht jemand den Text dieser Tafel sinngemäß übersetzen?
Foto: Schrifttafel: [Linked Image von up.picr.de]

Die Tafel gehört zu diesem Mahnmal – von der Gestaltung her ein Sinnbild des Dialoges und der Verständigung. Nehme ich jedenfalls an.
Foto: Mahnmal: [Linked Image von up.picr.de]

Und mit diesem hoffnungsvollen und versöhnlichen Bild von Dialog und Verständigung, welches ich völlig unvermutet irgendwo in Kroatien vorgefunden habe, möchte ich für meinen Teil diese Thematik abschließen.

mfG
Rainer
Hach wenn ich das nur schon sehe...

Prättigauer Gebirgsziegen auf dem Balkan! Schmacht!

Sorry, aber das mit den Minensuchbienen nehm ich dir nicht ab. Ist im Osten eine gebräuchliche Art der Imkerei. Im Donaudelta z.B. gang und gäbe das alte Armee-LKW zu fahrenden "Bienenkörben" umgefunzt werden.

[Linked Image von img9.imageshack.us]
Du "ungläubiger Thomas"! ;-)
Schau Dir bitte dies mal an: http://www.bmlv.gv.at/truppendienst/ausgaben/artikel.php?id=581

Der entsprechende Abschnitt über Minen-Bienen hat diesen Wortlaut:

Zitatbeginn:
„Nach Ansicht des amerikanischen Verteidigungsministeriums (dafür zuständig ist die DARPA - Defense Advanced Research Projects Agency - im Pentagon mit 31 Projektteams) ist die gemeine Honigbiene (Apis mellifera) beim Aufspüren von Landminen effizienter und effektiver als teure Suchgeräte und empfindliche Sprengstoffspürhunde. Aus Minen und Kampfmitteln gelangen geringe Mengen an Explosivstoffen und Stickoxiden in den umgebenden Boden; Pflanzen nehmen diese Stoffe auf. Die Umgebung von Minen riecht für empfindliche Nasen nach diesen Chemikalien (z. B. TNT).

Forscher an der amerikanischen Universität Montana arbeiten an einem System, bei dem diese Insekten zuverlässig sprengstoffkontaminierte Flächen aufspüren und lokalisieren. Durch ihre Geruchsrezeptoren nehmen sie Futterquellen bis zu zehn Kilometer Entfernung und sogar unterschiedlichste Sprengstoffgerüche und geringste Mengen an Chemikalien wahr und auf. Diese gesammelten Chemikalien werden von den Arbeiterinnen in den Bienenstock zurückgebracht und sind mit empfindlichen Messgeräten nachweisbar. Bei dem Konzept bringt man den Sammlerinnen bei, gewisse Gerüche - wie zum Beispiel Sprengstoffe - mit Nahrungsquellen zu konditionieren. Haben Arbeiterinnen eine Futterquelle entdeckt, so kehren sie sofort zum Bienenstock zurück und führen dort ihren Schwänzeltanz auf (entdeckt vom österreichischen Biologen Karl von Frisch, der 1973 dafür den Nobelpreis erhielt). Der mittlere Teil des Schwänzeltanzes ist entscheidend: den Artgenossinnen wird mitgeteilt, wo sich die Futterquelle befindet. Die Länge des Laufes beschreibt die Distanz zur Nahrungsquelle, der Winkel zur Vertikalen zeigt nach Meinung von Forschern, in welche Richtung - relativ zur Sonne - die Futtersuchenden fliegen müssen. Wenn sie sich dann zu einem ihrer zahlreichen Nahrungsflüge aufmachen, versammeln sie sich am geruchsintensivsten Ort und kreisen genau über der Verdachtsfläche. Damit die Forscher wissen, wohin die Bienen fliegen, wurde eine Miniantenne entwickelt, die sich auf dem Rücken der Arbeiterinnen befestigen lässt, um sie im Umkreis von ca. 300 m verfolgen zu können. Mit dieser Methode können Minenfelder und eventuell sogar einzelne Minen genau lokalisiert werden.

Eine weitere Methode ist, dass ein Lasersystem ihre Bewegungen und Reaktionen erfasst, die in eine entsprechende Karte mit den mutmaßlichen Lageorten der Minen übertragen werden.

Ein Vorteil der Minensuche mit Bienen liegt auch darin, dass an den Haaren der Bienen feine Partikel haften bleiben, die die Bienen in den Bienenstock zurückbringen. Mit Messgeräten können die Wissenschafter dann feststellen, ob diese Partikel Sprengstoffspuren oder biologische Wirkstoffe enthalten. Als Belohung für ihre Arbeit erhalten die Bienen eine Zuckerwasserlösung vor und nach jedem Flug. Der große Vorteil dieser Methode liegt - in der raschen Feststellung von Verdachtsflächen, da die Bienen bis zu zwei Quadratkilometer untersuchen können, - in der raschen Lernfähigkeit der Insekten, - sowie in der relativ billigen Haltung der Bienenvölker.

Bienen erlernen ihr Handwerk gerade mal in zwei Tagen, wohingegen Ratten zirka 30 Tage und Hunde bis zu einem Jahr benötigen. Ferner sind Bienen weniger hitzeempfindlich und krankheitsanfällig als Hunde und Ratten.

Die Fähigkeiten der kleinen Arbeiterinnen wurden erstmals auf einem Testgelände im August 2003 erprobt. Dabei konnten die Insekten über 90 Prozent der Minen finden und lokalisieren. Für die Suche sollen lokale Bienenvölker eingesetzt werden, um keine fremden Organismen in andere Länder einzuschleppen. Der reale Einsatz der Honigsammler steht kurz bevor.

Auch in anderen Bereichen werden Bienen bereits erfolgreich eingesetzt, da sie wie fliegende Staubsauger agieren. So werden sie in Deutschland als Datensammler für Umweltverschmutzungen eingesetzt. Allerdings hat die Methode des Minensuchens mit Bienen auch ihre Nachteile. Bei Regen, schlechtem Wetter, starkem Wind, bei Nebel, im Winter, bei Frost oder in der Nacht können die Insekten nicht auf Sprengstoffsuche geschickt werden - auch hier sind damit biologische Grenzen gesetzt.“
Zitatende

Ob der Bienen-LKW tatsächlich der Minensuche dient, kann ich nicht definitiv sagen. Das habe ich aber auch geschrieben. Auffällig ist aber, daß er in einem Bereich plaziert ist, in dem tatsächlich Minenfelder vorhanden sind bzw. vorhanden waren. Ich habe ihn dort vorgefunden und fotografiert.

mfG
Rainer

P.S. Auch in dem Link, den ich bereits gegeben hatte, wird vom Einsatz dieser Methode in Kroatien gesprochen: http://mitglied.multimania.de/mayenzeit/newpage.html


Andererseits sind mobile Bienenkörbe, entweder auf LKW oder auf Anhänger montiert und über den Tag immer in anderen Gebieten stehen gelassen sehr, sehr häufig in Slowenien und Kroatien zu sehen.

Übrigens: die Zerstörungen des Krieges findet man nciht nur in den kleinen Dörfern: In der kroatischen Stadt Karlovac waren vor wenigen Jahren noch ganze Viertel zerschossen.

Marcus
Ja, ihr werdet beide wohl recht haben, daß es sich wirklich nur um normale Bienenkörbe handelt. Zumal neben dem LKW kein Container aufgestellt war, von dem aus die Wissenschaftler und Minenräumer ihre Versuche hätten begleiten können. Vielleicht ist dort ja auch inzwischen die Räumung erfolgreich abgeschlossen, und die Bienen können wieder nur zu ihrem eigenen Wohle herumfliegen - und zu dem des Imkers natürlich. Oder das Experiment war doch nicht so erfolgreich und man hat es abgebrochen? Oder es hat dort gar keines stattgefunden – jedenfalls nicht an dieser Stelle?

Das ist ja das eigentlich perfide und beklemmende: man kann die ganze Situation verdammt schlecht einschätzen. Wo ist es (mittlerweile) sicher, wo weniger sicher und wo unsicher? Gerade uns als Touristen fehlen zuviele Informationen, die Einheimische eher haben dürften, um eine einigermaßen zuverlässige Bewertung der Risikosituation vornehmen zu können.

Ich hab mich dort jedenfalls in einigen Gegenden nicht richtig wohl gefühlt, zumal ich ja bei Reisen um größere Städte eher einen großen Bogen mache und kleine und kleinste Nebenstrecken bevorzuge. Und dort lauern heute eben immer noch (Rest-)Risiken – im Gegensatz zu den Städten und Badeorten.

mfG
Rainer
Minen-Bienen.... die spinnen die Menschen!

Noch was zum Thema Minen, erzählt von einem Freund der einige Zeit bei der SFOR diente.

Sie waren abkommandiert zum Bewachen von Minenfeldern, weil es mehrfach vorgekommen sei, dass durch die Markiertrups markierte Minen bei Ankunft des Räumtrupps nicht mehr dort waren. Ausgebuddelt, geklaut.

Andererseits waren minenfreie Areale "plötzlich" wieder vermint. Da hat offenbar jemand einem missliebigen Nachbarn den Acker vermint.

Auch zum Thema Warnschilder erzählte er etwas.

Einem Mittglied eines Räumkommandos fielen einige neu aufgestellte Minenwarnschilder auf. Der Trupp der der Sache nach ging fand in einem Gebäude auf dem Areal eine komplette Anlage zur Herstellung von synthetischen Drogen.

Original geschrieben von RainerD
Das ist ja das eigentlich perfide und beklemmende: man kann die ganze Situation verdammt schlecht einschätzen.
Geschrieben von: WIM Re: auf dem Kriegspfad - Karl May, Partisanen, Minen - 26/06/2010 06:52
Hallo,

Auch wo keine minen sein sollte kan man die finden...
http://www.novatv.nl/page/detail/uitzendingen/3852

Wim
die bienenlaster hab' ich im rumänien auch schon öfter gesehen, scheint normal zu sein.
ich habe mir mal ausgemalt was geschieht, wenn so ein laster in einer stadt verunfallt...

rainer, schöne geschichten verfasst du hier immer.
wir müssen uns in walsum mal unterhalten.
Das können wir gerne tun.

Und ich versteh schon, was Du mit „schön“ meinst. Aber gerade diese Geschichte würde ich selber nicht als schön bezeichnen – eher als traurig. Traurig angesichts der unübersehbaren Spuren von Gewalt, Zerstörung und Tod, die auf dem Balkan zu finden sind.

mfG
Rainer

Hallo Rainer,
ich vermute, mit "schön" meint er eher "interessant".
Und ich muss auch sagen, dass ich es gut finde, dass Du Deine "negativen, nachdenklich machenden" Eindrücke neben den "normalen, poisitiven" ebenfalls erwähnst (und sprachlich sehr eindrücklich darstellst!!) und zum Nachdenken anregst. Das tun doch die Wenigsten - meist wird das verdrängt.
Ich hatte vor ein paar Jahren selbst in Kroatien im Hinterland (aber nicht das "xtreme Hinterland") - obwohl nicht mit dem 4x4 und auf Straßen unterwegs - in einigen Regionen auch ein mulmiges, beklemmendes Gefühl, ohne genau definieren zu können, woher das kam. Zum Teil sicher von Minenmarkierungen, zum Teil von zerschossenen Häusern am Straßenrand, aber z.T. sicher auch, weil so wenige Leute zu sehen waren. Irgendwie ganz seltsam. Selbst an manchen (ehemaligen???) Touristenattraktionen (z.B. am Fluss Krka weiter im Inland) war die Stimmung seltsam und es gab auch kaum Hinweisschilder und wieder: Kaum Leute.

Zum Bienenlaster: Klar, kann sein, wie Du "dir einbildest", aber ich stimme meinen Vorrednern zu: In Rumänien habe ich auch einie solcher Bienenlaster und - Anhänger gesehen.
Mach weiter so mit Deinen Berichten!
Rolfi
Hallo Rainer,

aufgrund längerer Abwesenheit (Eismeerstrasse) erst jetzt gelesen. Nachdem wir sehr viel im Velebit-Gebirgszug unterwegs sind, kann ich nur bestätigen,dass der Gebirgszug von Rijeka,über Risjnak bis zum Sjeverni NP (Alan) ziemlich sicher ist. Fährt man in das Tal nach Gospic/Karlobag und damit in das Hinterland des Palenica wird es kritisch. Wir sind vor 2 Jahren mehreren Minensuchkommandos begegnet,die das mögliche Entsorgungsende mit 10 Jahren datieren. Die Landschaft ist jedoch traumhaft, wir nutzten zum Wandern nur alte Militärstrassen mit sichtbarem Holzbau in den letzten 10 Jahren. Die Bienenlaster sind normal in Kroatien/Slowenien und werden gerne auch zum Schutz vor Bären verwendet.
Habe versucht ein paar Bilder einzustellen, bin jedoch Neuling mit dem picr-tool
besten Gruß
Peter
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Hallo Peter,

hat doch geklappt. Schöne Fotos!

Da müssen wir auf dem Velebit ja eine ähnliche Route gefahren sein. Zumindest haben wir mal an derselben Stelle angehalten, um ein Foto zu machen ;-)
Foto: Velebit-Szenerie:
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Die Strecke fand ich zwar recht einsam, stellenweise auch orientierungsmäßig ein wenig schwierig. Ein schlechtes Gefühl hatte ich dort aber nicht, obwohl ich weiß, daß es auch im Velebit eine Vielzahl von Kriegshandlungen gegeben hat. Allerdings habe ich dort auch nie die Schotterpisten bzw. Holzabfuhrwege verlassen. Und gewandert sind wir sowieso nicht. Auch rein fahrmäßig eine wunderbare Landschaft.

mfG
Rainer

P.S. Bienen zum Schutz vor Bären? Das versteh ich nicht. Ich dachte bisher immer, Bären lieben Honig über alles und nehmen dafür auch ne zerstochene Nase in Kauf. Oder meinst Du, daß nur mit speziellen LKWs die Bienenstöcke vor dem Zugriff der Bären geschützt werden können?


Hallo Rainer,
da habe ich mich undeutlich ausgedrückt. Die Bienen werden zum einen eher vor Bären geschützt und können schneller versetzt werden.
Es gibt gerade am Alan schöne Wanderwege-vollkommen sicher- zum Beispiel den Primosilsteig (nach einem öst.Hauptmann im 1.WK)geht bis zum Zavizan, die Südrichtung ist auch interessant und im Herbst wesentlich einsamer)

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Freie Übernachtung war für uns nie problematisch-ausser zur Jagdsaison,da dort jeder vescheucht wird,der diese große Einnahmequelle stört.... aber dann stellt man sich halt in einen jagduntauglichen Holzrückeweg und bekommt auch noch Bärenbesuch :-) (im Herbst trotz Hund kein Problem, da die Bären sofort abdrehen und lieber Beeren futtern, im Frühjahr mit Nachwuchs hatte ich schon ein deutlich unsicheres Gefühl)

Besten Gruß
Peter

PS: das mit den Bienen und der Minensuche kann ich wirklich bestätigen, da meine Frau unseren Hund mit dem Leiter der Sprengstoffstaffel der Polizei trainiert.
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