Leute...(oder Kinder?)...macht mal halblang

Ein wenig zweifle ich am Forum, wenn ich die Aufgeregtheit der bisherigen Postings Revue passieren lasse, aber ich versuche trotzdem, ein wenig Struktur reinzubringen und ein paar Verwirrungen aufzuklären:


1 Technisches

Mit Oxikat kann ich nur HC und CO oxidieren, NOx sind im systemimmanenten mageren Betrieb des Dieselmotors nicht mit dem Kat wegzubekommen. Das ist eine technisch abschließende Aussage, wer das Gegenteil behauptet, hat entweder keine Ahnung oder lügt.

Ein beliebiger, halbwegs sauber gemachter Kammermotor mit mechanisch geregelter Pumpe schafft innermotorisch - auch fahrzeugabhängig - ohne größere Klimmzüge Euro I oder II. Dort gab es auch nur eine HC + NOx - Summenmessung, d.h. weniger HC durch Oxikat konnten die Erfüllung des Grenzwertes bedeuten.

Die Diskussion über die Fahrzyklen lassen wir bitte, technische Standards haben es nunmal an sich, dass sie Meßwerte nach einem bestimmten Verfahren beinhalten und außerhalb der Testbedingungen eine "Erfüllung" wovon auch immer weder gefordert noch nachgewiesen werden kann. Schlecht sind die aktuellen Tests nicht - Kaltlauf wurde ergänzt, höhere Geschwindigkeiten wurden ergänzt, das ist zum alten ECE-Stadtzyklus ein Fortschritt, der wirklich große Teile des realen Fahrbetriebs abdeckt.

1.1 Einzelne angesprochene Fahrzeuge

Dass sich ein in Kenntnis der zukünftigen europäischen Abgasnormen in den 1980ern entwickelter OM 601/602/603 nicht so schlecht schlägt, sollten wir einmal eingestehen, und der W124 ist auch leichter als ein Geländewagen - da kann der Oxikat schon die knapp verfehlte Grenze erreichen lassen.

Toyota hat den 1-HZ ohne größere Eingriffe in der VESP mit EGR auch auf Euro II gebracht, also was solls.


2 Regulatorisches

Die Serienkonformität wird schon länger geprüft, nicht erst seit Euro IV, aber mit Einzelabnahmen komme ich da recht lange dran vorbei.

Einen Abgastest am Prüfstand wird es immer geben, und dass das bei Nachrüstungen zwangsläufig gebrauchte Prüffahrzeug in gutem Wartungszustand bzw. überholt ist, ist legitim. Dass die Behörde mit Anwendung aller Verschlechterungsfaktoren Fahrzeuge "von der Straße" nachprüfen, aber auch.

Dass der Prüfstand ein zertifizierter sein muss, ist wohl auch verständlich, und dass der Papierkrieg von einer akkreditierten Prüfstelle erledigt wrden muss, ist eine recht logische Konsequenz, wenn das System akzeptieren. (Wenn nicht, bitte auswandern, es ist das Wesen des demokratischen rechtsstaates, dass auch Mehrheitsentscheidungen reichen, allgemeingültige Normen aufzustellen - die Bekämpfung erfolgt ggf. am Rechtsweg und nur dort)

Wenn eine zugelassene Prüfstelle wie der TÜV Österreich (in der Rechtsform eines Vereines) also Gutachten erstellt, unterliegt sie den Regelungen wie alle anderen Prüfstellen auch. Solange es keine Zweifel gibt, werden die Gutachten auch anerkannt, sollte sich ein Gutachten als falsch herausstellen, wird zunächst die Anerkennung ausgesett, dann mit der verantwortlichen Prüfstelle nach den Fehlerursachen gesucht und zuletzt zieht sie, wenn die Zweifel bestätigt werden, entweder das Gutachten zurück und/oder hat rechtliche Schritte zu gewärtigen.

2.1 Die derzeit diskutierten Gutachten

Es wurden und werden Euro I - Motoren per Oxikat "locker" auf Euro III gehievt...und da staunt der Fachmann: Seit Euro III gibt es einen eigenen NOx-Grenzwert, und der ändert sich eben durch den Kat nicht, und wer Messwerte publiziert, die das belegen, ist bei aller Liebe zu Verschwörungstheorien nicht der Böse (wer mit der Suchfunktion alte Beiträge jetzt nicht nachlesen will: ich war mit dem lauten Trommeln und einigen m.E. unzulässigen Vereinfachungen von proallrad in den Anfangszeiten sehr unglücklich, aber wenn die unechten WoMos, anderen 10-Sitzer etc. durchgefochten werden, hat das für die Szene schon einen Nutzen - kein Grund für sonderbare Mutmaßungen)

Die Handvoll Altfahrzeuge, die mit der "Nachrüstung" weniger Steuer bezahlt hätten, wären wohl niemandem aufgefallen. Dumm nur, dass gerade 1-HZ-motorisierte Buschtaxis in der GS-Version (also nicht mal EGR) plötzlich Euro III mit mechanischer Pumpe schaffen sollten (Achtung - bei GS fehlt z.T. die Kaltstarteinrichtung) und die Anbieter sich laut dessen gerühmt haben und debei hersteller, die mit Elektronik, Common Rail und Pumpe-Düse unterwegs waren, als unfähig hingestellt haben: Das kann ich nur tun, wenn die Gutachten wasserdicht sind.

2.2 Ein paar österreichische Internas zum Thema:

Zertifizierte Prüfstände sind teuer und damit, sagen wir, selten. Der TÜV Österreich hat gar keinen eigenen ausreichend ausgestatteten Kfz-Abgas-Prüfstand. Es gibt auch andere Prüfstände, und theoretisch kann sich eine zugelassene Prüfstelle "irgendeines" Prüfstands bedienen, wenn die Erfüllung aller Vorschriften nachgewiesen werden kann.

Auch so manche Leistungschip-Tuner, die Gutachten zur Eintragung vorweisen - in Österreich wird die Kfz-Steuer für Fahrzeuge bis 3,5t nach Leistung ermittelt, also Vorsicht hinsichtlich Steuerhinterziehung - bieten einen "einfachen Zugang" zur Bestätigung, dass die Abgasgrenzwerte erfüllt sind, und dabei fällt der selbe Name, der unter den inkriminierten Gutachten steht.

Um alles weitere wird sich der Staatsanwalt und das für die Akkreditierung zuständige Ministerium zu kümmern haben. Es ist schon viel mehr Papier im Umlauf als hier bekannt, und die Stellungnahme des TÜV Österreich ist nach meinem Dafürhalten ein wenig "seltsam".


3 Emotionales & Persönliches

Natürlich ist es für jeden, der in gutem Glauben Geld für die Kat-Nachrüstung ausgegeben hat, schmerzlich, wenn sich herausstellt, dass die Investition vergeblich war. Die Überbriger der schlechten Nachricht dafür verantwortlich machen ist aber nicht nachvollziehbar: Je weniger Kunden Geld durchs Fenster werfen, desto weniger Geschädigte (und desto höher die Quote, wenn der Anbieter die Rückabwicklungen nicht durchhält) - oder soll die Behörde in ein, zwei Jahren die Eintragung zurückziehen und gleich heftig Steuer nachfordern?

Dass jeder seine "Fans" im Forum wie im realen Leben hat - Stilfragen bitte in einem eigenen Thread zu diskutieren, dazu ist das Thema zu ernst.

Grüsse,
Peter