Andere testen die Winterperformance ihrer Autos in Schweden, wir brauchen da gar nicht so weit in den Norden tuckern, für so was haben wir die österreichische Ausgabe Sibiriens, das Waldviertel. Rund um den Truppenübungsplatz Allentsteig mit 160 km² pfeift andauernd ein eisiger Wind, und über Schneemangel braucht man sich normalerweise nicht beklagen; außer in diesem Jahr ...

Unsere Ferienwohnung gehört aber zu einem einsamen Bauernhof, der nochmal dreihundert Meter höher liegt, nämlich in ziemlich genau 1.000 Metern Seehöhe. Dort gab es durchwegs festen Schnee, und vor allem Eis, viel Eis; auf der Straße natürlich, wo sonst ...

Obwohl wir also gemütlich in der warmen Wohnung hockten, haben wir uns trotzdem entschieden, mit dem Bremach dort hin zu fahren. Wir wollten einfach die Gelegenheit ergreifen, seine Fahreigenschaften im Winter zu erkunden: Wie reagiert das Gewicht, welchen Grip haben die Reifen, wie sieht es beim Anfahren auf glatteis am Berg aus, wie beim Bremsen?

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Dazu kommt noch, dass es im Waldviertel kaum eine Straße gibt, die über mehr als zweihundert Meter kurvenfrei verläuft. Es geht da rauf, runter, links rechts, und das Ganze auch noch kombiniert.

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Unsere Erfahrungen nach zehn Tagen und knapp tausend Kilometern:

Obwohl nur M+S-gekennzeichnet und ohne Schneeflockensymbol zeigten sich die Durango-ATs von Mastercraft von ihrer besten Seite. Der Grip ist ausgezeichnet, auch in glatten Kurven, Bemsen und Beschleunigen kein Problem. Lediglich bei einer Vollbremsung auf stark abschüssiger Fahrbahn und einer schön schimmernden Eisplatte kam die ganze Fuhre ins Rutschen, das ABS konnte nichts ausrichten. Hier ging ich kurz von der Bremse, ließ die Kiste ein, zwei Meter Rollen und brachte sie dann durch ganz behutsames Bremsen zum Stillstand. Eine echte Notbremsung wäre hier nicht mehr möglich gewesen, aber das galt unter diesen Umständen höchstwahrscheinlich für jeden, nicht-bespikten Wagen.

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Anfahren aus dem Stand bei steiler Steigung und Glatteis: Da musste ich schon mit schwereren Kalibern ausrücken, denn der permanente Allradantrieb half nicht mehr. Mit Zentral- und Hinterachssperre ging's dann aber doch, ein kleines Fleckchen Schnee gab gerade genug Grip zum Anfahren.

Seit dem Austausch der hinteren Stoßdämpfer durch härtere Modellen mutierte unser schwankendes Kastenbrot geradezu zum kurvengeilen Luder. Nun gut, Roadster wird Gwenn niemals einer, aber es war schon eine Freude, wie er trotz Eis und Schnee durch zahllose enge Kurven bergauf und -ab gewieselt ist; von Trägheit keine Spur. Einige Standard-Tupperschüsseln und ihre Fahrer konnten da nur noch neidvoll hinterher schauen. Das Schalten ist eine Freude, sofern man nicht die Kamik-Schuhe Größe 10 trägt, sondern "nur" die Meinl in 9.

Ehrlich, Freunde, bei allem Respekt vor den Wüstenfans: Aber wer den Bremach nur fürs Dünen- und Pistenfahren benutzt, schlägt ihn unter seinem Wert. Er ist auch und gerade in Mitteleuropa ein äußerst agiles und wendiges Reisefahrzeug - und ich habe dabei den allerschwächsten Motor drin, mit 146 oder gar 176 PS muss das die absolute Freude sein!

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Thema tiefe Temperaturen: Jede Nacht hatte es um die mius zehn Grad, zuweilen minus fünfzehn, die Nase stand immer in den Wind. Tageshöchsttemperaturen nie über minus sechs Grad. Morgens genügte einmaliges Vorglühen, der Motor sprang dann sofort an und dabei blieb es für den Rest des Tages. Kein weiteres Vorglühen nötig. Das Schalten ging auf den ersten paar hundert Metern etwas hakelig vor sich, vor allem in den unteren beiden Gängen. Das änderte sich aber sehr schnell.

Aber nun zu einem traurigen Kapitel: Heizleistung ist praktisch nicht vorhanden. Bis das Kühlwasser auf Temperatur ist (70-80°), dauert es bis zu einer halben Stunde, und selbst dann kommt maximal ein handwarmes Lüftchen aus den Düsen. Da es im Fußraum gar keine gibt, sollte man auf jeden Fall warme Stiefel tragen, und leicht verfrorene Beifahrer, pardon, Beifahrerinnen sollten eine Kuscheldecke dabei haben. Wenn es ganz arg ist, muss man doch die Standheizung einschalten, aber das kostet deutlich mehr an Sprit.

Und noch etwas: Die immer modisch orientierten Itlaiener haben es durch eine ingeniöse Kombination von Aluminium und Edelstahl geschafft, dass sich auf den Trittstufen Flecken in wunderschönem Rostrot ausbreiten - ein echter Hingucker, das hat nicht jeder - na ja, die Landyfahrer werden jetzt behaupten, Bremach würde den modischen Chic von ihnen klauen ...


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Liebe Grüße,
Marcus




Zuletzt bearbeitet von Ar Gwenn; 21/01/2009 21:18.

Und wieder ein Post mehr auf dem Zähler!