unwerte Leben zu vergasen
Meinst Du nicht, dass Du mit so einem Spruch ein wenig übers Ziel hinaus schießt? Ich für meinen Teil unterscheide durchaus noch zwischen Menschen und Ratten.
Als Mensch ist das ja auch in Ordnung. Logisch steht uns ein Mensch näher als ein Tier. Is ne natürliche und gesunde Grundhaltung, find ich :o)
Objektiv ist es aber natürlich nicht. Wenn ne Ratte die Wahl hätte zwischen einem Menschenleben und dem einer Ratte würde sie voraussichtlich der Ratte den Vorzug geben. Das interessiert uns als Mensch natürlich nicht und normalerweise verschwendet ein Mensch daran auch keinen Gedanken.
Kann er aber...
Objektiv gesehen gibt es kein wertvolleres und kein minderwertes Leben, wer macht hier die Regeln??? Aber bleiben wir mal in unserer Rolle als Mensch und in der kämpfen wir natürlich in erster Linie mal für uns. Das ist OK und darum gehts nicht.
Die Tatsache, dass uns natürlicherweise ein Mensch näher steht als ne Ratte macht die Ratte aber noch nicht zu unwertem Leben und gibt uns nicht das Recht sie unnötig zu quälen, aus Bequemlichkeit mal was bei sich selber zu verändern..
Bei Ratten ist das halt so ne Sache. Wir wollen sie nicht einfach nur loswerden, das hätten wir schon lange geschafft. Wir wollen sie brennen sehn, ausräuchern, plattmachen.
Wir haben Affen in den Weltraum geschossen und schicken uns virtuelle Briefe von Hosentasche zu Hosentasche, manche haben ein zweites Leben mit drei Ehepartnern, fünf Geliebten und zehnmillionen auf dem Konto in einer Welt die nur aus Bit und Bite besteht.... in ein paar Millionen Jahren schafft es vielleicht sogar der Nachkomme eines Pizzabäckers nen rattendichten Komposter zusammenzunageln.
Rattenprobleme sind immer hausgemacht. In freier Natur (und auch in unseren Kellern) ist ne ratte ein penibel säuberliches Nagetierchen. In unserem Dreck teilt sie sich natürlich unsre Krankheiten mit uns, aber es ist letztenendes unser Dreck! Eine Ratte überträgt nicht mehr Krankheiten als ein anderer Kleinnager, das Problem ist, dass sie sich im Gegensatz zu anderen Tieren in unserer Nähe aufhalten und das, weil sie gelernt haben von unserem Müll zu leben.
Die Ratte hat ihren Ruf aus einer Zeit als sie sich mit uns in unsrem Müll die Pest geteilt hat, die übrigens von einem Floh übertragen wird.
Hätten wir in unseren schnuckeligen Vororten und Wohnsiedlungen ein echtes Problem mit Krankheiten, die von ner Ratte übertragen werden, hätten wir davon in der BILD-Zeitung gelesen.
Borelliose wird übrigens, vielleicht hat schonmal einer davon was gehört, von Zecken übertragen. Dass Ratten, genau wie wir, daran erkranken können sollten wir ihnen nicht vorhalten, find ich. Weitere Opfer sind übrigens nahezu alle Säugetiere, die bei uns so im Gras rumlatschen. Man müsste also konsequenterweise seinen geliebten Wauzi oder Mauzi gleich mit einäschern, sollte man diese Strategie in Erwägung ziehen.
Überzählige Ratten (zumindest ausserhalb irgendwelcher Getthos) auf "humane" Art loszuwerden geht, kostet aber ein wenig Geld und vor allem ein wenig Mühe. Abknallen und vergiften erscheint da im ersten Moment einfacher und spaßbringender, nützt aber bekanntlich gar nix, solange man an seiner Umwelt nix verändert!!!
Was den Bauern und sein Saatgut angeht, der hat natürlich nen berechtigten Grund Ratten und Mäuse nicht posierlich zu finden.
Aber auch hier gibts ein schönes Geschichtchen... die meissten lesen hier eh schon nimmer mit, deshalb kann ichs auch ein bisschen über Gebühr ausschmücken, der Inhalt trifft aber auf fast jeden Bauern zu, den ich je kennengelernt hab.
Der Huberbauer z.B... der hat im letzten Jahr in seiner Scheune drei Steinmarder in der Falle gehabt, ihr wisst schon... die Drecksviecher die alles zammenscheissen und am Traktor mal den Druckschlauch zerfressen ham.
Aufm Dachboden war der auch schon und hat an der Stelle wo die Isolierung nicht richtig zugenagelt war die Glaswolle rausgerissen.
Und neulich hat er sogar die Schleiereule erwischt, die ihm immer oben aufm Firstbalken gesessen und ihm auf den neuen Fendt geschissen hat.
Die Löcher im Scheunengiebel hat er jetzt zugenagelt, damit nicht wieder so ein Mistvieh reingeflogen kommt.
Und gerade da, wo er glaubt alles wieder fein sauber und in Ordnung zu haben.... jetzt kommen wie aus dem Nichts die Mäus und die Ratten.
Man könnt wirklich verrückt werden mit den Drecksviechern.
Letztenendes gehts mir aber nur darum WIE wir mit den Kreaturen umgehen, mit denen wir diese Kugel teilen. Wir sind gedankenlos, barbarisch und roh wo es nicht zielführend und unnötig ist. Wenigstens das könnten wir uns vielleicht mal abgewöhnen.
Also, was kann man tun? Schlau rumschwätzen kann ja jeder...
Was den eigenen Müll, Kompost etc. in der Umgebung angeht ist eigentlich alles gesagt.
Was den Bauern angeht... das dauert länger und erfordert Einsicht.
Was Tanja und ich tun ist zum Beispiel natürliche Beutegreifer wieder anzusiedeln, die der Mensch in den letzten Jahrzehnten erfolgreich ausgemerzt hat.
Konkret und im ersten Schritt bedeutet das:
Wir haben ein Projekt ins Leben gerufen, das mit Unterstützung der Deutschen Greifenwarte und den unvermeidlichen Behörden und vor allem vielen Freiwilligen und Spendern die Schleiereule wieder ansiedelt.
D.h. wir installieren in Scheunen Nistkästen, öffnen die Scheunen (wie es früher üblich war) für die Scheunenjagd, die im Winter für die Eulen überlebenswichtig ist.
Die Schleiereule ist seit Jahrhundert ein Kulturfolger und hat seit je her unsre Mäuse und Ratten in Schach gehalten. Sie brütet bevorzugt in Kirchtürmen, die heute alle taubensicher vergittert sind und Dachstühlen, die wir heute luftdicht einpacken. Ergo... sie hats nicht leicht. Schön für die Mäuse...
Wir beginnen dieses Jahr damit in ausgewählten Höfen Jungeulen auszuwildern und hoffen, dass sie sich dauerhaft ansiedeln.
So ne Schleiereule holt in einer Nacht locker 4-5 mal so viele Müse und andere Nager wie eine Katze und in einer Brut sind zwischen 5 und 12 Jungeulen. SO wird man Schädlinge los. Rechnet mal aus wieviele Fallen Du da aufstellen müsstest.
Als netten, sentimentalen Nebeneffekt (beinharte starke Mannsbilder nicht weiterlesen) bieten wir den Bauern die kostenlose Kastration der Hofkatzen an. Das erspart auf Dauer das mühsame mit dem Trekker Plattfahren oder Ersäufen der Jungkatzen. Geht alles über Spenden.
Man kann, aber man muss auch...