Einen Nachtrag zum Tod der beiden Marokko-Fahrer möchte ich noch anbringen.

Um noch mal die wesentlichen Fakten zusammenzufassen:

Die beiden Reisenden waren auf der Rückfahrt aus Marokko nach Frankreich. Sie hatten ihren Verwandten fest zugesagt, am ersten Februar-Wochenende wieder zuhause zu sein, um an einer Familienfeier teilnehmen zu können. Ein letztes indirektes Lebenszeichen (Kartenzahlung eines Restaurantbesuchs) von den beiden gab es aus Südspanien am 2. Februar.

Es ist davon auszugehen, daß sie noch am selben Tag eine Autobahnraststätte (etwa 200 Autobahnkilometer entfernt) angefahren haben, um dort zu übernachten. Dabei haben sie in ihrem Bremach-Expeditions-LKW eine Gasvergiftung erlitten und sind nicht mehr aufgewacht.

Aufgrund der Vermißtenmeldung durch die Angehörigen wurde am 17. Februar ein internationaler Suchbefehl von der Polizei erlassen. Sowohl die Presse in Spanien als auch in Frankreich berichtete ausführlich mit Fotos der beiden Vermißten über den mysteriösen Fall.

Aber erst am 27. Februar hat hier im 4x4-Forum unser in Südfrankreich lebendes Mitglied „Maschtuff“ eine Information aufgrund einer französichen Pressemeldung verbreitet, wonach die beiden auf der Autobahnraststätte tot aufgefunden worden sind. Anderen Reisenden war der starke Verwesungsgeruch aufgefallen, welcher aus dem Fahrzeug drang.

Das bedeutet, daß der Bremach-LKW mehr als drei volle Wochen auf der AB-Raststätte gestanden haben muß – mit den beiden Toten in ihm. (Vorausgesetzt, die Pressemeldung ist zeitnah erfolgt und hier im Forum ebenfalls sofort weitergegeben worden. Aber davon kann sicherlich ausgegangen werden.) Und mehr als eine ganze Woche lang ist das auffällige Fahrzeug auf einem öffentlichen Parkplatz nicht entdeckt worden, obwohl aufgrund der Vermißtenmeldung durch die verzweifelten Angehörigen mittlerweile ein internationaler Suchbefehl vorlag.

Zufällig bin ich nun vor ein paar Tagen dort in der Gegend gewesen und habe mir mal die Gegebenheiten vor Ort mal etwas genauer angesehen und auch ein paar Fotos gemacht.

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Foto: Zufahrt zur Tankstelle und Raststätte „Santomera“

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Foto: Gesamtansicht von Tankstelle und Raststätte

Bei der Autobahn handelt es sich mit der A 7 in der Tat um eine der stärkeren befahrenen Strecken überhaupt in Spanien. Die Raststätte „Santomera“, um welche es hier geht, liegt ein paar Kilometer nordöstlich der südspanischen Provinzhauptstadt Murcia. Sie ist typischerweise durchgehend geöffnet, aber eher bescheidener Natur. Eine Tankstelle, ein Café/Imbiß, ein paar Parkplätze – das ist alles. Alles äußerst übersichtlich. Keineswegs eine riesige Rastanlage mit eigenen Kreisverkehren und gestaffelten Park-, Rast-, Tank- und Gastronomie- und Servicebereichen, wie man sie auch oft im Süden, vornehmlich allerdings in Südfrankreich, vorfinden kann.
Hier hingegen liegt die Tankstelle wenige Meter neben dem Café. Davor gibt’s die PKW-Parkplätze, dahinter lediglich ein gutes Dutzend LKW-Parkplätze in Form von diagonalen Parktaschen. Mehr hat die Rastanlage nicht zu bieten.

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Foto: PKW-Parkplatz und Café

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Foto: Tankstelle mit dahinterliegendem LKW-Parkplatz

Vermutlich ist auch der Bremach für die Übernachtung auf einem der LKW-Parkplätze abgestellt worden. Dort, auf der Rückseite der Gebäude, gibt es kaum bzw. keine Fenster. Die Service-Mitarbeiter können eigentlich nur nach vorne hin Wahrnehmungen machen – durch die verglasten Fronten. Hinten hingegen zu den LKW-Parkplätzen wird lediglich über die Hintertür der anfallende Müll abgelagert. Es mag daher sein, daß den Mitarbeitern der Bremach-LKW nicht weiter aufgefallen ist, obwohl er doch von Bauart und Lackierung her recht auffällig war. Bewußte Ignoranz will ich hier nicht in Betracht ziehen.

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Foto: Hinterausgang des Cafés und LKW-Parkplatz

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Foto: LKW-Parktaschen hinter Tankstelle und Café

Was ich allerdings zusätzlich bemerkenswert finde, ist folgende Wahrnehmung:
Ich war lediglich eine Viertelstunde auf der Rastanlage, um mir alles anzusehen und ein paar Fotos zu machen. In dieser knappen Zeit konnte ich nebenbei die Arbeit einer Polizeistreife beobachten, welche zwei LKWs kontrollierte und mindestens eine Anzeige schrieb. Ich habe einen der Polizeibeamten angesprochen, um ihn zu dem Unglück zu befragen. Leider sind meine Spanisch-Kenntnisse viel zu mickerig, als daß ich Informationen hätte erlangen können, für deren richtiges Verständnis ich mich hier hätte verbürgen können. Und eine geläufige Fremdsprache wie englisch oder französisch müssen Polizeibeamte in Spanien offensichtlich nicht können. Außerdem hatte die Beamten ja wichtigeres zu tun...

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Foto: Polizeikontrolle

Überhaupt habe ich in der fraglichen Region aktuell eine stark erhöhte Polizeipräsenz beobachten können – auch an Landstraßen und in Städten. Viele Kontrollen an Kreisverkehren und Kreuzungen – jedenfalls im Bereich des Küstenstreifens an der Costa Blanca. Viel mehr als noch im letzten Jahr. Zusätzlich zur eh vorhandenen intensiven Videoüberwachung in den Städten – Gerüchten zufolge auch mit automatischer Kennzeichenregistrierung.

Umso mehr verstört es, daß hier das spurlose Verschwinden von zwei Reisenden über Tage und Wochen ungeklärt blieb – an einer Hauptverkehrsstrecke! Wie wenn ein alter Mensch in einem Mehrfamilienhaus tot aufgefunden wird – erst nach einem Jahr bei noch laufendem Fernseher.

Isolation und Anonymität in der ‘modernen’ Massen(verkehrs)gesellschaft...

mfG
Rainer





Vor der Hacke ist es dunkel. (Bergmanns-Spruch)