Natürlich ist es niemandem übel zu nehmen, wenn er angesichts der Monströsität des Verbrechens in Paris zu einer Schweigeminute innehält, wenn er am Tatort Blumen niederlegt oder eine Kerze anzündet. Dem kann ich mich (räumlich weit entfernt) innerlich anschließen.

Mehr noch freue mich aber über jeden Gedanken, welcher über das Gedenken hinausgeht.

Mit oberflächlichen Gesten hingegen kann ich nicht viel anfangen. Wer käme denn ernsthaft auf die Idee, sich einem gefühlvollen Eintrag in einem Kondolenzbuch aus realem Papier mit "zustimm", "auch so" oder "bravo" anzuschließen - seitenlang?

Genau das passiert aber permanent in einem ritualisierten Gemeinschafts-Bedauern speziell in sozialen Netzwerken. Ein Klick auf dem Phone-Display zu einer passenden Graphik oder einem kurzen Text und man hat seine Pflicht und Schuldigkeit getan. Moderner Ablaßhandel, der im Flatrate-Zeitalter so gut wie gar nichts kostet. Klicks und Likes berechtigen zum Eintritt in den Follower-Heaven und gewähren das Seelenheil.
Nein, nicht mit mir.

mfG
Rainer

P.S.
Bin mal gespannt, welche Trauer- und Betroffenheitssymbolik heute abend beim Freundschaftsspiel Deutschland / Holland massenwirksam organisiert wird.

Lichterkette, gemeinsames singen der Marseillaise?

Die Wahl der Europa-Hymne allerdings würde ich als Verlogenheit der besonderen Art ansehen, in einer Zeit, in welcher Europa zunehmend auseinanderfällt und der Solidaritätsgedanke zwar vielfach beschworen aber immer weniger praktiziert wird. Auch so ein symbolischer Akt, mit welchem ich nichts anfangen könnte.


Vor der Hacke ist es dunkel. (Bergmanns-Spruch)