Ruhig Blut!

Darf ich nochmal auf den eigentlichen Ausgangspunkt zurückkommen?

Die Moderation hat den unfassbaren Anschlag in Paris zum Anlaß genommen, das optische Erscheinungsbild des Forums durch ein Solidaritäts-Symbol umzugestalten. Intention war es sicherlich, gleichermaßen ein Zeichen der Empathie für die Opfer und des Widerstandes gegen den Terror zu setzen.

Der Threaderöffner hat dies als kinderkrammäßig ("Kiki") kategorisiert. Diese Kritik war für mich der Anknüpfungspunkt, meine eigene generelle Position darzulegen - möglicherweise mit einer zu drastischen Formulierung.

Eigenzitat: "Diese Betroffenheitsrituale sind zum kotzen. (Entschuldigung für die krasse Ausdrucksweise)"

Ich habe schnell gemerkt, daß die beabsichtigte Relativierung mit der geklammerten Quasi-Entschuldigung für einige nicht ausreichend ist und habe deswegen meine Einstellung etwas ausführlicher dargestellt.

Eigenzitat: "Natürlich ist es niemandem übel zu nehmen, wenn er angesichts der Monströsität des Verbrechens in Paris zu einer Schweigeminute innehält, wenn er am Tatort Blumen niederlegt oder eine Kerze anzündet. Dem kann ich mich (räumlich weit entfernt) innerlich anschließen.
Mehr noch freue mich aber über jeden Gedanken, welcher über das Gedenken hinausgeht.
Mit oberflächlichen Gesten hingegen kann ich nicht viel anfangen. Wer käme denn ernsthaft auf die Idee, sich einem gefühlvollen Eintrag in einem Kondolenzbuch aus realem Papier mit "zustimm", "auch so" oder "bravo" anzuschließen - seitenlang?
Genau das passiert aber permanent in einem ritualisierten Gemeinschafts-Bedauern speziell in sozialen Netzwerken. Ein Klick auf dem Phone-Display zu einer passenden Graphik oder einem kurzen Text und man hat seine Pflicht und Schuldigkeit getan. Moderner Ablaßhandel, der im Flatrate-Zeitalter so gut wie gar nichts kostet. Klicks und Likes berechtigen zum Eintritt in den Follower-Heaven und gewähren das Seelenheil.
Nein, nicht mit mir."

Soweit, so klar, wobei man diese Auffassung natürlich nicht teilen muß.

Außerdem hatte ich noch einen weiteren Aspekt angeschnitten, welcher ironisch-provokativ auf mögliche Reaktionen und Betroffenheitsstereotype nach den Attentaten Bezug nimmt.
Eigenzitat: "Und Campino, Grönemeyer und Niedecken geben demnächst ein Bataclan-Solidaritätskonzert - gegen Intoleranz, Fremdenfeindlickeit und rechts. Alles wie immer."
unterfüttert mit: "Man sollte vielleicht abwarten, wie das Ergebnis der Regionalwahlen am 6. und 13. Dezember aussieht und was sich daraus ergibt...
Danach geht es ja auf die Präsidentschafts-Wahl 2017 zu.
Vielleicht bedarf es dann doch einschlägiger deutscher Schützenhilfe? smile "

Ich finde, der Frage, wie sich die politische Landschaft in Folge der Anschläge nicht nur in Frankreich verändert, ob es zu dauerhaften Verschiebungen im politischen Spektrum kommen wird, ob und wie das Verhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit neu auszutarieren ist, muß in der Tat allergrößte Bedeutung zugemessen werden.
Ebenso, wie sehr die Situation der Flüchtlinge aber auch die persönliche Lebensführung jedes einzelnen Bürgers und seine Freiheitsgrade vom Terror in Europa tangiert werden. Letzteres habe ich mit einem persönlichen Beispiel (anstehender Konzertbesuch) angesprochen.

Diese Fragen wären jedenfalls eine sachliche Diskussion wert, finde ich.
Muß aber nicht sein. Vielleicht ist es besser, den Thread zuzumachen.

mfG
Rainer


Vor der Hacke ist es dunkel. (Bergmanns-Spruch)