Der Einspruchsführer (Ef.) Claus Wilhelm Vogtmann hat mit Schreiben vom 25.02.2006, eingegangen beim Finanzamt am 28.02.2006 gegen den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 27.01.2006 für das Fahrzeug mit dem amtl. Kennzeichen LA-N 714 Einspruch eingelegt.

Strittig ist, ob das Fahrzeug als „LKW nach dem zulässigen Gesamtgewicht oder als „PKW“ nach dem Hubraum und dem Emissionsschlüssel zu besteuern ist.

Das Finanzamt hat mit Steuerbescheid vom 27.01.2006 (unter Hinweis auf die in Bezug auf den Wegfall des 5 23 Abs. 6 a Straßenverkehrs-Zulassungsordnung geänderte Rechtslage ab 01.05.2005) die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab 01.05.2005 auf Jährlich 939 € festgesetzt. Dabei wurden die Antriebsart ,,Diesel6', ein Hubraum von 2.495 ccm sowie der Emissionsschlüssel „00" zugrunde gelegt.

Der Ef. beantragt, die Kraftfahrzeugsteuer ab 01.05.2005 wie bisher nach dem zulässigen Gesamtgewicht von 3.100 kg. Festzusetzen
.
Zu den vorgebrachten Einwendungen hat das Finanzamt mit Schreiben 06.03.2006 sowie bei einer Vorführung und Vermessung des Fahrzeuges (mündlich) Stellung genommen.

II.
Der Einspruch ist form- und fristgerecht eingereicht; er ist zulässig, jedoch nicht
begründet.

Bei dem Fahrzeug handelt es sich It. den von der Zulassungsstelle übermittelten Daten um
einen "LKW Plane und Spriegel" der Marke ,,Rover", Typ 130 DL, mit folgenden technischen Daten:
Fa hrzeugart Schlüssel 1004
Emissionsschlüssel 0000
zulässiges Gesamtgewicht in kg. 3100
Leergewicht in kg. 2100
Nutzlast in kg. 1000
Sitzplätze 6
Antriebsart Diesel
Hubraum in ccm 2495
Höchstgeschwindigkeit in kmlh 134
Erstzulassung 27.12.1995

Da eine eigenständige Bestimmung des Begriffes ,,Personenkraftwagen" im geltenden
Kraftfahrzeugsteuerrecht fehlt und es sich bei diesem Begriff um einen solchen aus dem Bereich des Verkehrsrechts handelt, sind insoweit nach § 2 Abs. 2 Satz l Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) die verkehrsrechtlichen Vorschriften maßgebend. Aus der geltenden verkehrsrechtlichen Vorschrift des § 4 Abs. 4 Nr. 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) lässt sich entnehmen, dass PKW nach Bauart und Einrichtung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen bestimmte Kraftfahrzeuge sind. Ein LKW liegt hingegen vor, wenn es sichum ein Kraftfahrzeug handelt, das nach Bauart und Einrichtung zur Beförderung von Gütern bestimmt ist. Dies folgt aus 5 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG. Zwar ist dem Begriff ,,Lastkraftwagenn unmittelbar keine kraftfahrzeugsteuerliche Bedeutung beizumessen, da das KraftStG nur an die Begriffe „Personenkraftwagen6' und ,,andere Fahrzeuge" anknüpft; es ist jedoch notwendig und entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte, zur Klärung von Abgrenzungsproblemen, die durch die Vielfalt der verschiedenen Fahrzeugarten und -typen auftreten, für die Auslegung des Begriffs ,,Personenkraftwagen" in 3 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG auch die Begriffsbestimmung des „Lastkraftwagen" in § 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG heranzuziehen. Durch die Aufhebung des § 23 Abs. 6 Buchstabe a StVZO ist weder die Abgrenzungsproblematik zwischen PKW i.S.d. § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG und LKW i.S.d. § 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG entfallen, noch ist ein Grund erkennbar, warum die für kraftfahrzeugsteuerliche Zwecke erforderliche Abgrenzung zwischen PKW und ,,anderen Fahrzeugen" i.S.d. § 8 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 KraftStG nicht weiterhin davon abhängig gemacht werden dürfte und sollte, ob der Schwerpunkt des Fahrzeuges auf der Personen- oder der Lastenbeförderung
liegt. Bei dem Fahrzeug (Pick-up) des Ef. handelt es sich um einen Fahrzeugtyp, der
aufgrund seiner Bauart und Einrichtung und der damit verbundenen Multifunktionalität im Sinne von ,,sowohl als auch" Merkmale eines Pkw in Form einer Doppelkabine und eines Lkw in Form einer offenen Ladefläche aufweist. Es ist daher erforderlich und geboten, bei der kraftfahrzeugsteuerlichen Einordnung des Fahrzeuges des Ef. als Lkw und damit als ,,anderes Fahrzeug" i.S.d. § 8 Satz 1 Nr. 2 KraftStG darauf abzustellen, ob das Fahrzeug überwiegend zur Beförderung von Gütern geeignet und bestimmt ist.

Unter Berücksichtigung aller Merkmale des Fahrzeugs des Ef. in Ihrer Gesamtheit lässt sich die erforderliche Beschaffenheit zur überwiegenden Güterbeförderung jedoch nicht feststellen. Vielmehr ist das mit einer Doppelkabine ausgestattete Fahrzeug des Ef. nach seiner Bauart und seinem Erscheinungsbild neben einer untergeordneten Güterbeförderung überwiegend zur Beförderung von Personen geeignet und bestimmt. Für die Abgrenzung zwischen Pkw und Lkw ist bei Serienfahrzeugen in der Regel die Konzeption des Herstellers für Bauart und Einrichtung bestimmend und prägt damit auch die objektive Beschaffenheit eines Fahrzeuges entscheidend (BFH V. 26.1 1. I9 91, BFH V. 16.07.1 993). Das Finanzamt vermag nicht zu erkennen, dass der Fahrzeugtyp des Ef. vom Hersteller als Lkw konzipiert wurde.
Aus der Beschreibung des Herstellers lässt sich entnehmen, dass dieser die Vorzüge dieses Fahrzeugtyps nicht vorwiegend in seinem Ladevolumen, sondern in seiner vielseitigen Verwendbarkeit (insbesondere bei extremem Gelände und klimatischen Bedingungen) sieht und daher bei der Konzeption des Pick-up mit Doppelkabine kein überwiegendes Gewicht auf die Güterbeförderung gelegt hat. Auch die technischen Daten sprechen gegen eine Einstufung des Fahrzeuges als Lkw. Zu den Merkmalen, denen bei der Zuordnung eines Fahrzeugs zum Typ Pkw oder Lkw besonderes Gewicht beizumessen ist, gehören insbesondere die Größe der Ladefläche des Fahrzeuges und die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, weil diese Merkmale von besonderer Bedeutung dafür sind, ob die Möglichkeit einer Benutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung gegenüber seiner Eignung zur Personenbeförderung Vorrang hat. Im Interesse praktikabler Zuordnungsmaßstäbe und der um der Rechtssicherheit
willen geforderten Vorhersehbarkeit kraftfahrzeugsteuerlicher Zuordnungen hält es der
BFH für gerechtfertigt, typisierend davon auszugehen, dass Fahrzeuge nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt sind, wenn ihre Ladefläche nicht wesentlich mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht (BFH vom 01.08.2000). Bereits diese Anforderung erfüllt das Fahrzeug des Ef. nicht da eine Vermessung des Fahrzeuges bei einer möglichen geringfügigen Meßungenauigkeit eine Ladefläche von Ca. 2,81 qm (= 50,45 %) und eine der Personenbeförderung dienende Fläche von ca. 2,76 qm (= 49,55%) ergab. Auch die übrigen technischen Daten des Fahrzeuges des Ef. sprechen gegen eine Einstufung als Lkw. Insbesondere die zulässige Nutzlast , die 1.000 kg. beträgt und bei Besetzung mit 6 Personen (6 X 68 kg = 408 kg) bei nur noch 592 kg (d.s. 19,lO % des zul. Gesamtgewichtes) liegt, ist wegen seiner Geringfügigkeit nicht geeignet, den Schwerpunkt des Fahrzeuges in dem Transport von Gütern zu sehen. Die insgesamt mögliche Zuladung macht auch nur 32,26 v.H. des zulässigen Gesamtgewichts aus und ist damit im Hinblick auf die geringe Größe der Ladefläche als unbedeutend anzusehen. Schließlich lassen auch weder
die Motorisierung mit 83 kw bei 4.000 Umdrehungen pro Minute noch die Höchst- geschwindigkeit mit 134 kmlh erkennen, dass das Fahrzeug vorwiegend zu Transport von Gütern geeignet und bestimmt ist. Auch das äußere Erscheinungsbild des Pick-up Iässt nicht auf ein überwiegend der Güterbeförderung dienendes Fahrzeug schließen. Im Gegensatz zum Pick-up mit Einzelkabine ist das Fahrzeug optisch nicht überwiegend zum Transport von Gütern geeignet und zu dienen bestimmt, sondern bietet neben dem erkennbaren Zweck einer Personenbeförderung im Umfang einer klassischen Limousine lediglich noch die Möglichkeit eines Gütertransports, der über das Ladevolumen eines klassischen Kofferraums hinausgeht.

Entgegen der Auffassung des Ef. steht der getroffenen kraftfahrzeugsteuerlichen Beurteilung seines Fahrzeuges als Pkw auch nicht die verkehrsrechtliche Zulassung als Lkw Plane U. Spriegel entgegen. Denn die Verweisung in § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG auf die jeweils geltenden Vorschriften des Verkehrsrechts gilt nur für den im KraftStG verwendeten Begriff ,,Personenkraftwagen". Eine darüber hinausgehende Anknüpfung an die verkehrsrechtliche Einstufung besteht nicht, so dass diese die Finanzverwaltung nicht bindet (ständige Rechtsprechung seit dem BFH-Urteil vom 30.09.1981), wie sich im Umkehrschluss aus $ 2 Abc. 2 Satz 2 KraftStG entnehmen lässt.

Die genannten nationalen verkehrsrechtlichen Definitionen der Begriffe Pkw und Lkw (§ 4 Abs. 4 Nr. 1 und 3 PBefG) stehen im Einklang mit der EU-Richtlinie 7011561EWG vom 06.02.1970.

Solange der nationale Gesetzgeber die Definition des Begriffs Pkw in 5 4 Abc. 4 Nr. 1 PBefG nicht aufhebt und statt dessen z.B. in der StVZO eine Definition des Begriffs Pkw dahingehend normiert, dass als Personenkraftwagen nur solche Fahrzeuge gelten, die die Voraussetzungen der Fahrzeugklasse M1 der EU-Richtlinie 7011561EWG erfüllen besteht keine Veranlassung, von den unter Geltung des § 23 Abs. 6 Buchstabe a StVZO entwickelten Rechtsgrundsätzen abzuweichen, denn die Aufhebung des § 23 Abs. 6 Buchstabe a StVZO hat lediglich zur Folge, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriteriennunmehr auch auf Fahrzeuge Anwendung finden, deren zulässiges Gesamtgewicht mehr als 2,8 t beträgt .

Bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage konnte dem Einspruch nicht entsprochen werden