In den letzten paar Monaten hab ich mich intensiv mit der Thematik beschäftigt. Dabei musste ich für mich feststellen dass nur sehr wenige bescheid wissen was genau Sache ist. Die (meist Chinesischen) Hersteller halten sich da mit harten wissenschaftlich belegten Fakten auch eher zurück und oft ist dazu auch unklar ob und in wieweit die zur Verfügung gestellten wenigen Daten der Hersteller durch die Marketingabteilung geschönt sind, sei es durch gezielte Winkelzüge, sei es durch weglassen von Informationen. Auch hab ich das Gefühl das gerade dadurch viel Halbwissen im Netz gefördert wird und zum Teil werden von verschiedenen Leuten auch gerne mal diametral entgegengesetzte Meinungen als die jeweils einzig richtige Meinung vertreten.
Auch ich hab wie der OP den Eindruck gewonnen dass je mehr man darüber liest umso verwirrender wird es. Nichtsdestotrotz möchte ich hier den für mich herauskristallisierten Weg etwas näher bringen. Um es klar zu machen, ich weiss es auch nicht besser und vielleicht ist es auch der falsche Weg. Für Hinweise wenn ich irgendwo falsch liege bin ich offen, am liebsten natürlich mit einer fachlich fundierten oder zumindest plausiblen Begründung.

Laden: Da gibt es wohl 2 Strategien.
Die erste wie hier mehrfach beschriebene wo man eine IUOU-Ladekurve inklusive Erhaltungsladung fährt, man also wie bei Blei zuerst mit Konstantstrom und dann auf Konstantspannung inklusive Erhaltungsladung (auch Konstantspannung) umschaltet.
Die zweite vertritt die Meinung dass eine simple Konstantstrom-Ladung ausreichend ist da die LIFEPO im Gegensatz zu Blei keinerlei Absorbtionszeit braucht um voll geladen zu werden. Da ist man sogar z.T. der Meinung dass eine Erhaltungsladung dem Akku schaden würde. Warum und in welchem Umfang das so sein sollte erschliesst sich mir bisher nicht. Ebensowenig erschliesst sich mir allerdings was eine Absorbtions- bzw Erhaltungsladung von 13.6-13.8V (ergibt 3.4 bis 3.45 Zellspannung) bei einer Vollgeladenen Lifepo welche inzwischen üblicherweise bei einer Zellspannung von 3.55-3.65V als voll betrachtet wird, bringen soll.
Ich bin inzwischen Anhänger der 2. Strategie. Wichtig dabei ist dass die Ladequellen aktiv komplett abgeschalten werden sobald die erste Zelle die Ladeschlusspannung von 3.55 oder 3.65V erreicht hat. Das muss das BMS aktiv machen der als einziger die Zellspannungen kennt. Ein Abschalten vom Ladegerät basierend auf die Batteriespannung reicht nicht aus da wenn eine Zelle davon gelaufen ist diese überladen würde und die anderen nicht voll wären, obwohl die Ladespannung von z.B. 14.4V völlig im grünen Bereich wäre (das ist auch der Hauptgrund warum ich zur 2 Strategie tendiere da m.m.n das einzig richtige ist die Zellspannungen und nicht die Batteriespannung anzuschauen) Das Ladegerät kann dabei in weiten Grenzen irgend eine Spannung ausgeben. So von 13.8* bis 15V oder allenfalls sogar mehr wird funktionieren. *Bei 13.8V könnte man ein Problem mit dem balancieren bekommen aber das ist ein Thema für sich welches ich erstmal aussen vor lasse.

Entladen bei Minustemperaturen: Man liest sehr oft (vor allem im Deutschen Sprachraum) dass die Zellen mit dem Y(ttrium) besser sein sollen bei Minus-Temperaturen oder sogar die einzigen sein sollen die bis -45 Grad geladen werden können. Inzwischen bin ich der Meinung dass das deffinitiv ein Mythos ist. Die Gründe dafür habe ich hier breit und lang ausgeführt:
https://womobox.de/forum/thread/10331-umbau-auf-lifepo/?postID=128721#post128721
Um es vorweg zu nehmen, ich bin der Meinung eine Life*Y*po (welche es ja nur von Winston gibt) ist in meinen Augen eine gute, aber unter dem Strich auch nur eine hundskommune Lifepo welche nicht unter 5Grad geladen werden sollte um eine lange Lebensdauer zu gewährleisten. Andererseits kann man jede Lifepo auch bei tieferen Temperaturen laden, mit entsprechenden Einbussen der Lebensdauer. Harte, wissenschaftlich belegte Daten dazu wie gross diese Einbussen in der Praxis sind konnte ich allerdings nicht finden von daher ist es gut möglich dass das nur ein theoretisches Problem ist. Ich werde es nicht austesten solange mir niemand ein paar Sätze Zellen, das Testequipment und den Strom dazu sponsert und mache auch keinen Unterschied mehr zwischen LifeYpo und Lifepo.

Für die welche etwas tiefer in die Materie steigen wollen, hier gibt es ein pdf eines Akademikers welches trotzdem auch für mich als Laien in weiten Teilen noch erfrischend einfach und verständlich ist:
https://www.stefansliposhop.de/Lit-Akku-Techn-Einfuehrung(1).pdf

BMS: Das ist ein schwieriges Thema. Ich werde den SBMS0 von electrodacus.com einsetzen. Das ist ein Kanadier der solche BMS seit Jahren privat entwickelt und sie verkauft, aber auch als Opensource-Projekt zur verfügung stellt. Das kann ich aber deffinitiv nicht für Leute empfehlen welche das einfach an die Zellen schrauben wollen und vergessen. Das brauch ein wenig mehr Basteltrieb und Bereitschaft sich in die Materien einzulesen (vorwiegend auf Englisch), ansonsten hat man den schnell mal falsch konfiguriert und angeschlossen mit womöglich fatalen Folgen für die Zellen. Grund für mich den zu nehmen war hauptsächlich dass die sonst verfügbaren irgend einen Pferdefuss haben mit dem ich nicht Leben wollte, sei es der Preis, sei es die Tatsache dass Proprietäre und geschlossene Systeme zum Einsatz kommen (wo ein Shunt z.B. shon mehr als 50€ kostet, der Elektrodacus kommt mit 08-15 Shunts für ein paar Euro aus) oder welche einen Blindspot bei der Strommessung um 0A von bis zu 300mA haben (im Winterlager bei Standbyverbrauch von z.B 200mA zeigt der nach Wochen/Monaten dann immer noch 100% SOC obwohl wesentlich entladen), passives Balancing (es werden also einfach Widerstände eingeschalten welche die Energie verheizen statt sie von einer Zelle zur anderen zu leiten) usw usf. Da muss jeder für sich schauen welche Eigenschaften wichtig sind und mit welchen Unzulänglichkeiten man leben will und kann.

Link zum Amummot: Da sind einige brauchbare Infos drin, aber gleichzeitig trägt er mit diesem Beitrag meines Erachtens auch wieder extrem zur allgemeinen Verwirrung bei. Ansonsten bin ich zu den Beiträgen vom Ammumot recht positiv eingestellt, aber den hier halte ich für gelinde gesagt nicht hilfreich.

Ein paar Punkte daraus:

-Er schreibt: "Auch unbestritten ist eine Ladeerhaltungsspannung von 13,5V, damit die LiFePO4 Batterien mit nahezu 100% Ladezustand einsatzbereit bleiben."
Naja, so unbestritten ist das nicht, und auch sehe ich nicht was das bringen soll. Entweder hat man alle Verbraucher abgestellt dann kann man eine Selbstentladung -wie man so liest- von um die 1% pro Monat auch im Womo getrost vergessen. Oder man hat Verbraucher die daran nuckeln, dann muss man die Energie nachladen und dann ist es meines Erachtens besser richtig nachzuladen sodass auch das Ballancing funktioniert als irgendwie mit 13.5V, also 3.375V Zellspannung über Tage/Wochen rumzueiern.

-Verschiedene Male bringt er die Spannung ins Spiel, wie z.B. hier: "Hört man auf die Importeure von LiFePO4 Zellen, wird jedoch eine Lagerung bei einer Spannung von 13,2-13,3V empfohlen." oder hier "Importeure von Winston Zellen empfehlen: Lagerung mit 13,3V statt ganz voll."
Also bei den Winston Importeure die ich kenne wurde nie die Spannung sondern wenn überhaupt was dazu steht, dann dass die Ladung zwischen 50 und 80% oder sowas sein soll. Eine solche Spannungsangabe bringt bei Lifepo auch genau nichts. Wenn man so eine Lade-/Entladekurve mal anschaut sieht man sehr gut dass die Zellen für fast 80% der Ladung im Bereich von 3.25-3.45V bewegen. Die Temperatur hat dann noch einen weiteren Einfluss darauf. Daher können 13.2V Batteriespannung einer Ladung von irgendwo zwischen 20 und 80% entsprechen.
Das gleiche gilt bei seinen Versuchen mittels Spannung die Batterie auf 50% zu laden. Einmal einstellen und dann vergessen wird da nicht funktionieren, denn wie geschrieben spielen da noch weitere Faktoren rein (Temperatur, Strom an der Batterie...) also lädt man entweder 30 oder 70% oder man stellt die Ladespannung immer wieder etwas nach. Mit folgender Aussage: "Ich würde sagen, während dem Urlaub immer auf der Suche nach einer Steckdose sein zu müssen, wäre mir deutlich lästiger als alle paar Tage oder Wochen mal kurz eine Ladekennlinie an einem Ladegerät umzustellen" mag er im Kern vielleicht richtig liegen. Ist aber meines Erachtens trotzdem nicht Praxistauglich und werden die wenigsten machen, ich als Technikfreak würde das vermutlich öfter mal vergessen oder schlicht und einfach nicht machen wollen da immer die Gefahr einer falschkonfiguration besteht. Und bei den "Ich-will-eine-Anlage-einbauen-und-vergessen"-Kollegen dürfte das noch ausgeprägter sein. Das einzige was funktionieren würde wäre wenn das BMS den Energiegehalt der Batterie kennt und dann bei z.B. 50 oder 70% SOC die Ladung abstellt. Dann muss aber jeglicher geladene und entladene Strom vom BMS erfasst werden können. Grundsätzlich kein Problem und theoretisch möglich, praktisch hab ich eine solche Funktion bisher noch bei keinem BMS für's Womo gesehen...in Ansätzen vielleicht, aber (noch) nicht wirklich so ausgereift dass man es brauchen könnte.

Im gleichen Atemzug bringt er Lenovo-Akkus ins Spiel welche meines Wissens mit ein paar wenigen Ausnahmen eher Li Ion als Li Po sind. Die haben wohl eine ähnliche Lade-Entladekurve aber andere Spannungen und gerade was die Sicherheit anbelangt sind da Welten dazwischen und somit sind meines Erachtens auch die Anforderungen an die Ladetechnik nicht wirklich vergleichbar.
Ich wurde auch schon gefragt ob ich mir ernsthaft solche Li-Brandbomben (wir erinnern uns an Samsung?) ins Auto packen wolle. Solche Fragen kommen nur von Leuten welche den Unterschied zwischen LiPo und LiIon nicht kennen. Leider trägt der Ammumot mit solchen Aussagen wie oben auch nicht dazu bei diese Halbwissen auszurotten.

Auch den Verweiss auf Autohersteller und dass die Ladeprofile anbieten welche das Auto zu einer bestimmten Zeit auf einen bestimmten Wert geladen hat und dass das dafür sein soll damit nicht unnötig lange auf 100% geladen blieben ist meines Erachtens schlicht falsch und geht am Thema vorbei. Erstens weil Fahrzeuge ganz andere Lade-/ und Entladeraten von bis zu 10C haben was im Womo selten bis nie vorkommen wird. Zweitens wird da mit 60kW und mehr geladen, da macht es einen nicht unerheblichen Unterschied ob man das Auto am Abend um 18 Uhr mit Hochtarifstrom oder erst am Morgen um 2 bei Niedertarif lädt, und das ist auch der Hauptgrund für solche Zeitgesteuerten Ladeprofile. Und die werden in Zukunft wenn solche Fahrzeuge als Netzspeicher herhalten sollen und womöglich Lastabhängige Tarife eingeführt werden sollen noch viel wichtiger werden, ist aber für uns Wohnmobilisten, mit den mickrigen Energiemengen welche wir mitführen und laden wollen völlig irrelevant.

Und zum Schluss beruft er sich auf Wikipedia und leitet aus den Punkten ab dass alles über und unter 50% Ladung schädlich für den Akku sei. Vielleicht hat Wikipedia und er damit ja recht, aber Wissenschaftlich belegte harte Fakten sehen für mich anders aus und auch er kann, soweit ich gelesen habe, nicht belegen ob es in der Praxis relevante Einbussen gibt wenn wir immer voll laden oder nicht, im Gegenteil, es sind eigentlich alles Spekulationen. Und damit schliesst sich der Kreis zum Halbwissen wieder.

Darum werde ich es diesbezüglich ganz einfach halten, zumindest so lange keine neuen, belegten Erkenntnisse auftauchen: Ich lade konservativ voll, wobei für mich voll 3.55V Zellspannung bedeutet und entlade das was ich brauche, maximal bis 3V Zellspannung. Bei Nichtbenutzung werde ich einfach alles abstellen inkl. BMS sodass wirklich kein Strom da gezogen wird (Achtung nur + oder -Pol an der Batterie abhängen ist bei manchen BMS nicht ausreichend da die immer noch mit den einzelnen Zellen verbunden sind) und nichts nachladen. Ob der Ladezustand beim Abschalten 50, 70 oder 100% beträgt werde ich für mich nicht beachten, schlicht weil es nicht praktikabel ist.

Gruss
Urs