Meine Abneigung gegen diesen Zulieferer von Autolektrik, immerhin einer der größten der Welt und maßgeblich beteiligt an der Entwicklung des Common Rail Dieselmotors, begann schon früh nach der Anschaffung meines Nissan Terrano II.
An sich ein zuverlässiger Japaner, mag man sich denken. Tatsache ist, dass er aber in Spanien gebaut wurde und voll von Technik europäischer Zulieferer steckt; darunter auch Magneti Marelli. Markenname und Logo steht groß auf dem Zentralinstrument.
Das erste ging hops nach der Erkenntnis, dass der Tacho immer zwischen 18 und 24 km/h zuviel anzeigte. Das GPS erklärte mir die langen Autoschlangen hinter mir, wenn ich gemütlich mit - scheinbaren - 90 über die Landstraße gondelte.
Das zweite Zentralinstrument ging hops nach dem Tod der Tankanzeige. Die Nadel ging immer nur bei Neustart des Motors in die richtige Position, und blieb dann genau dort, egal wie lange man fuhr. Danke, ADAC, fürs Abschleppen von der A 8!
Nun habe ich das dritte Zentralinstrument, und bei dem fiel das LCD-Anzeigefeld aus. Nur noch einzelne Segemente bemühen sich vergeblich, über Kilometertand, Uhrzeit oder Außentemperature zu unterrichten.
Bei jedem Wechsel wurde der Kilometerstand auf Null gestellt, weshalb ich mittlerweile eine Excel-Tabelle benötige, um überhaupt noch Durchblick auf die tatsächlich gefahrenen Kilometer seit Anschaffung zu haben.
Daneben gab es unerklärliche Ausfälle des Wagens, für die nach zwei Jahren ein defekter Relaissockel im Motorraum als Ursache gefunden wurde.
Kleiner Zeitsprung vorwärts, zum letzten Tag unseres diesjährigen Urlaubs in Frankreich, vor gut zwei Wochen:
Unser Bremach "Gwenn" war gepackt, es sollte nach Hause gehen. 1.600 Kilometer lagen vor uns, am Montag hieß es arbeiten, jetzt war Samstag. Um die Hunde so richtig müde zu toben für die lange Fahrt, fuhren wir ein allerletztes Mal zum Strand. Danach ging's los, mein Eheweib blieb aber noch für ein Minütchen stehen, um die öffentliche Toilette zu nutzen, wie gesagt: lange Fahrt.
Diese Einrichtung war aber "hors de service", also außer Betrieb. Wieder einsteigen, Motor anlassen, nichts. Na klasse: Samstag, toter Bremach, volle Blase - perfekt.
Ich wuchte meine männliche Überlegenheit hinters Lenkrad, wär doch gelacht, dasselbe Ergebnis, nämlich nichts. Schon beim Drehen des Schlüssel in die Zündungsstellung rührt sich gar nichts, die Kontrollleuchten bleiben aus, die Lüftung ebenso, der Wagen hat keinen Strom. Danach läuft der Anlasser, aber der Motor springt nicht an.
Wir stehen nicht an, sondern IN der Hauptkreuzung eines kleinen Badeortes. Wenigstens kann uns jeder bei den nun folgenden, hektischen Bemühungen bequem zuschauen, ohne aus dem Haus gehen zu müssen.
Ich kontrolliere alle Sicherungen, und jeder Bremach Extreme-Besitzer weiß, dass das eine ganz spaßige Prozedur ist, die einen Schraubendreher, eine kopierte Bedienungsanleitung, schmerzenden Nacken und linke Schulter, sowie gequetschte Finger und abgebrochene Fingernägel beinhaltet. Alle Sicherungen sind heil.
Telefon her, Erich anrufen. Der ist gerade in Brescia, und man hört italienische Kommentare, alle hilfsbereit, im Hintergrund. Erich erwähnt als allererstes den Verdacht, das Zentralrelais (oben links) sei defekt - jetzt weiß ich auch, wieso er da so schnell drauf kam. Ich solle das rausziehen und mit einem Splint/Draht/Kabel überbrücken.
Punkt eins fordert noch einen Fingernagel, Punkt zwei schon etwas mehr Aufwand: Ihr Expeditionisten habt das Zeug ja immer dabei, aber ich war auf einem gemütlichen Frankreich-Urlaub, noch dazu den größeren Teil im Ferienhaus, ich hatte sowas nicht dabei. Aber, da gibt es so eine hübsche kleine Kerzenlampe, die hat ein Kettchen dran um sie an einen Nagel hängen zu können, und der Haken dürfte genau richtig ...
Während ich an der Bordsteinkante einen kleinen Metallhaken in die richtige Form hämmere, bitten uns Vertreter der lokalen Bevölkerung, doch netterweise die zentrale Kreuzung freizugeben. Gerne, aber wie? Kein Problem, das Dorf verfüge über drei starke Jungs. Mit deren Hilfe schieben wir den Bremach auf einen nahe gelegenen Parkplatz. Jetzt haben auch die Bewohner der hinteren Straße gute Sicht auf die Immobilie.
Ich überbrücke das Relais, hurra! es gibt Strom, die Leuchten leuchten, die Lüftung lüftet, das Fenster fenstert, nur der Motor motort immer noch nicht. Erich überlegt weiter, inzwischen rufe ich die Schutzbrief-Assistenz des ÖAMTC an. Routiniert werden die Fragen nach dem wo? wie? was? gestellt und zur vollständigen Verwirrung meiner Gesprächspartner beantwortet. Schon beim wo? wird's schwierig, weil die Leute das kleine Seebad nicht in der Datenbank haben. Das was? stürzt sie entgültig in Depression, weil "Bremach" erst recht in keiner Datenbank zu finden ist. Trotzdem: Kompliment, nach dem ersten Rückruf ist man im Bilde, wo ich bin, und zumindest, wie groß unsere Kiste ist, und dass sie eine Spezialbehandlung benötigt.
Nur eine Viertelstunde später ist ein Abschleppwagen da. Der gute Mann ist ratlos, aber ich teile ihm mit, dass ich Strom habe, aber die Dieselpumpe nicht läuft. Er nimmt eine Batterie und setzt sie unter Strom. Das Teil läuft, der Wagen springt aber trotzdem nicht an. Also muss der arme "Gwenn" huckepack auf den Laster. Das ist dann so interessant, dass die lokale Bevölkerung eine spontane Bürgerversammlung um den Parkplatz abhält - aber nicht zu nahe, man will ja nicht stören ...
Wie gesagt, Samstag, idealer Zeitpunkt für einen Besuch in einer Werkstatt.
Und bei allem Pech beginnt jetzt so etwas wie eine kleine Glückssträhne für uns:
Erstens ist der gute Abschleppwagenfahrer so clever, der französischen Schutzbrief-Assistenz zu sagen, dass die ihm zugewiesene Werkstatt, zu der er "Gwenn" bringen soll, damit überfordert sein würde - und außerdem schon zu ist. Da muss was in der LKW-Sparte her.
Zweitens passiert das Ganze in der Nähe der Departementshauptstadt Saint Brieuc, und wie's der Zufall will, befindet sich dort eine der größten Iveco-Werkstätten der Bretagne, und da ist auch noch wer da, der sich den waidwunden Bremach anschauen könne.
Diese Werkstatt ist weniger als zehn Kilometer entfernt, und deshalb sind wir auch schnell in der glücklichen Lage, die vollkommen ratlosen Gesichter beim Anblick des Bremach genießen zu können.
Anwesend sind ein junger Meister und der Stift, Dienstschluss der beiden ist 14.30, es ist nun 14.10.
Ich telefoniert nun parallel mit Erich und dem ÖAMTC, mit ersteren, um vielleicht weitere Tipps für die Fehlersuche zu bekommen, mit letzterem, um für den Notfall eine Fahrzeugrückführung nach Österreich zu organisieren, nebst Leihwagen für die Heimfahrt. Und, ach ja, ich vergaß das zu erwähnen, natürlich haben wir unsere zwei Hunde dabei, und irgendwie scheinen Leihwagenfirmen eine Abneigung dagegen zu haben.
In der Zwischenzeit wühlen sich die beiden Mechaniker in den Bremach und pröbeln, und exakt zeitgleich kommt aus dem ausgeweideten Fahrerhaus und dem Telefonhörer mit Erich am anderen Ende der Strippe dasselbe Wort (einmal deutsch, einmal französisch): Zündschloss! Ganz offensichtlich ist das Zündschloss defekt, weil es das Fahrzeug, einschließlich der Einspritzung nicht mit Strom versorgt. Wenn man ordentlich rumfummelt, dann bringt man den Schlüssel in eine Position, in welcher der Motor startet. Nur: das funktioniert mal, und zehnmal nicht, und das kann auch während der Fahrt mal nicht funktionieren, und den fröhlichen Fahrer in der Kurve ohne Strom, ohne Motor, und ohne Servorunterstützung beim Lenken der 315er zurück lassen.
Ich bin kein Evel Knievel, sondern nur Jurist, und unter diesen Vorzeichen schleppe ich mich vielleicht aus der Sahara, wenn die alternative Verdursten ist; aber ganz sicher fahre ich nicht so auf der Francilienne um Paris, um fünf Uhr nachmittags; oder durch die Kurven des Jurabogens.
Also her mit der Teilenummer: Erich hat kein Zündschloss lagernd, kann mir die Teilenummer also auch erst am Montag geben, wenn er bei Bremach wieder wen erreicht (er ist inzwischen nämlich schon wieder auf der Heimfahrt). Er weiß nur, dass es von einem älteren Iveco ist. Der maître (auf deutsch: der Meister) sagt mir, er müsse das ganze Armaturenbrett abbauen, um an das Zündschloss zu kommen, und da das Lager schon zu sei, könne erst am Montag geklärt wäre, wo das Ersatzteil vorrätig sei, und wie lange es dauere, es hier zu haben.
Mir platzt das Trommelfell, als Erich in den Hörer brüllt: "WAAAAAS!!! Ist der narrisch!! Das Armaturenbrett abmontieren! Das gibt's doch gar nicht, was sind das für Mechaniker!! ...." Tatsächlich findet das alles in österreichischer Mundart und sehr verkürzt, aber umso blumiger statt. Man müsse doch nur die Schaltereinheit .... und die Tankuhr .... und den Tachometer ..... und das Lenkrad .... Gummimanschette ..... aber auf keinen Fall das Armaturenbrett!!!!
Meine Frau und ich stürzen uns mit Verzweiflung auf die bezeichneten Teile, das können die Profis nicht auf sich sitzen lassen, sie übernehmen und haben nach weniger als zwanzig Minuten den Übeltäter in der Hand, ein - nach zwei Jahren und 28.000 Kilometern - kaputtes Zündschloss, auf dessen Metallkörper folgender Markenname prangt (und da schließt sich der Kreis meiner Ausführungen): MAGNETI MARELLI !!!!!