Von Amtsschimmel:

Moin.
Ich will mal wieder zurück zum eigentlichen Thema, soll heißen: ist die geplante Rechtsänderung EG-konform bzw. ist sie überhaupt umsetzbar.
Wenn ich mir den Entwurf durchlese, bleibe ich an dem Satz
„Vorraussetzung bei den Fahrzeugen der Nummern 2 bis 4 ist, dass die Fahrzeuge vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut sind. Das ist dann der Fall, wenn die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche größer ist, als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs.“
hängen.

Demnach will oder kann der Gesetzgeber die wahlweise Verwendung zur Personen- und/oder Güterbeförderung von AF-Fahrzeugen steuerlich nicht außer Acht lassen. Die Crux liegt in der Frage, ob die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche grundsätzlich d.h. bei aufgeklappten hinteren Sitzen festgestellt wird. Ich geh mal davon aus, dass der Entwurfsverfasser dies so sieht. Dann wäre allerdings das AF-Fahrzeug in Deutschland steuerlich nicht mehr existent; mir ist kein Fahrzeug bekannt, das von Haus aus so konzipiert ist, dass es wahlweise zur Beförderung von Fahrgästen und deren Gepäck oder von Gütern in einem einzigen Innenraum eingesetzt werden kann und bei dem die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche kleiner
als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ist.
Dies bedeutet, dass diese Regelung ein Fahrzeug betrifft, dass es gar nicht gibt.
Die Konsequenz daraus ist, das die „Mischfläche“, also die Fläche, die sowohl zur Personen-, als auch zur Güterbeförderung dienen kann (der Bereich der klappbaren Sitzbänke) bei der Überprüfung der oben genannten Voraussetzung unberücksichtigt bleiben muss. Dann wären wir wieder bei der LKW-Steuer.

Ein weiteres Kriterium findet sich in der Begründung der Rechtsänderung:

• Die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Beurteilung von Kraftfahrzeugen richtet sich aus-schließlich nach den objektiven Beschaffenheitskriterien, insbesondere nach Bauart, Einrichtung und dem äußeren Erscheinungsbild der Fahrzeuge. Die objektive Beschaf-fenheit der Fahrzeuge ist dabei unter Berücksichtigung aller Merkmale in ihrer Ge-samtheit zu würdigen (BFH Urteil vom 01.08.2000, BSBl II 2001, 72). Auf die tat-sächliche Verwendung der Fahrzeuge kommt es nicht (BFH Urteil vom 05.05.1998, BSBl II 1998, 489). Diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze entspre-chen der grundlegenden Systematik des Kraftfahrzeugsteuerrechts und sind daher auch weiter zu berücksichtigen.

Demnach wäre z.B. auch das Fahrwerk der Fahrzeuge zu berücksichtigen. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass Fahrzeuge mit Leiterrahmen und Starrachsen, die dann auch noch Anhänger bis 3,5 to ziehen können, in erster Linie zur Personenbeförderung gedacht sind.
Fragt mal Eure Finanzbeamten, ob sie den Unterschied zwischen Einzelradaufhängung und Starrachsen usw. kennen.

Ihr seht also, es gibt für den Fall der Fälle doch noch den einen oder anderen Ansatzpunkt sich zur Wehr zu setzen.

Gruß
Amtsschimmel


Noch ein Widerspruch in der Begründung zum Gesetzentwurf:

„Abweichend von dieser verkehrsrechtlichen Beurteilung ist es jedoch sachlich gerechtfertigt, solche – nicht als Fahrzeuge der Klasse M1 zu qualifizierende – Mehrzweckfahrzeuge kraftfahrzeugsteuerrechtlich als Personenkraftwagen zu behandeln, wenn sie vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut sind, also die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche größer ist, als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs.“

Dies ist ein Widerspruch zu der RiLi 70/156! Die dort festgelegten Kriterien sind bereits die Abgrenzung zu Fahrzeugen, die vorrangig für die Personenbeförderung ausgelegt und gebaut sind. Eine weitere ausschließlich auf die Bodenfläche bezogene Einschränkung verstößt eindeutig gegen das an anderer Stelle zitierte BFH-Urteil!

Gruß
Amtsschimmel