Fundsache aus dem Internet - und gute 3 Wochen alt

Pressesprecher: Marcel Braumann
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9. Sitzung der 4. Wahlperiode
24. Februar 2005
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Drs 4/0787
Thema: Schnelle Einführung der Dieselruss-Partikelfilter

MdL Bettina Simon

Beachten: Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

„Heute ist ein guter Tag für saubere Luft“ jubiliert der umweltpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen am 2. 2. 2005 per Pressemitteilung, denn „ein Förderprogramm für Kraftfahrzeuge mit Dieseltechnik sei aufgelegt.“

Förderprogramm? Gemeint ist, dass über einen Kfz-Steuererlass von 250 bis 350 Euro ab 1. 1. 2006 die Länder, denn deren Steuer ist die Kfz-Steuer, die saubere Luft und den guten Tag der Bündnisgrünen finanzieren sollen.

Förderprogramm? Gemeint ist, dass Bundeskanzler Schröder und Umweltminister Trittin den Finanzminister Eichel während eines Gesprächs im Anschluss an eine Kabinettsitzung überzeugt haben, für 2006 und 2007 den Ländern einen Verzicht auf 1,5 Mrd. Euro Einnahmen schmackhaft zu machen. Gespräche sind also neuerdings Förderprogramme und Grundlagen für eine Bundesratsinitiative. Das ist wahrlich eine neue Qualität von Politik, Sachbezogenheit, Korrektheit, Verlässlichkeit und exakter Berechnung der Belastungen.

Man muss annehmen, dass dies nicht die erste Gesetzesinitiative zwischen Tür und Angel war. Zum Beispiel lässt die Art und Weise der Einführung von Hartz IV vermuten, dass es damals ähnlich zugegangen sein muss.

Lassen Sie mich auf drei Details verweisen:

Schon im Februar 2005 wird jubiliert, obwohl die Finanzierung noch völlig offen ist. Und wenn die Steuervergünstigung in Kraft treten sollte, dann ohnehin erst für 2006 und 2007.

Die 1,5 Mrd. Euro Steuerausfall für die Länder werden mit einer abenteuerlichen Gegenfinanzierung in Höhe von 11 Mrd. Euro schöngerechnet.

Abenteuerlich deshalb, weil von einer bis 2015 stetig steigenden Zahl von Diesel-Kfz ausgehend, den Ländern sogar noch ein satter Überschuss in Aussicht gestellt wird.

Abenteuerlich auch deshalb, weil gerade die grüne Politik mit ihren immer wieder auftauchenden Forderungen nach Angleichung von Mineralölsteuersätzen und/oder Preisen für Benzin und Diesel der lediglich einsparungsbedingten Beliebtheit von Dieselfahrzeugen ganz schnell das Wasser auch wieder abgraben kann.

Abenteuerlich auch deshalb, weil bis 2015 viele ältere Menschen in Rente gehen, ohne dass in gleicher Zahl arbeitsmäßig bedingt junge mobile Autofahrer nachdrängen.

Selbst wenn diese Vergünstigung für die Jahre 2006 und 2007 käme, was passiert danach mit den umweltbelastenden Diesel-Kfz ohne Filter ? Selbst wenn die Industrie Wort halten und ab 1. 1. 2008 keine neuen PKW ohne Russpartikelfilter mehr auf den Markt bringen würde, gäbe es im Jahre 2008 noch zahlreiche ältere Fahrzeuge ohne Filter. Oder glauben Sie ernsthaft, dass jeder sein Fahrzeug in den Jahren 2006 und 2007 nachrüsten lassen wird?

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort zur Führungsriege der deutschen Autoindustrie sagen, zur bestgeförderten, verwöhntesten und umweltmäßig lustlosesten Industrie, die in den vergangenen Jahren weniger durch technische Spitzenlösungen als durch Missmanagement, Erpressung der Belegschaften und Maßlosigkeit in ihren Forderungen an den Staat von sich reden machte. Hier könnte der größte Autokanzler aller Zeiten doch mal fordern und nicht nur fördern!

Während französische Autos ohne Aufpreis und serienmäßig den Russpartikelfilter anbieten und Hybrid- und Erdgasfahrzeuge, die überhaupt keine Partikel verursachen und auch nicht steuerlich gefördert werden, auf Europas Straßen zunehmend Freunde gewinnen, stellen sich VW, Audi, BMW und Mercedes nur widerwillig der Verantwortung für ihr Produkt. Denn wer sonst ist verantwortlich für Gesundheitsschäden, hervorgerufen durch Diesel-Kfz, wenn nicht deren Hersteller? Warum geht denn nicht die Bundesregierung an die Hersteller heran und setzt im Interesse der Gesundheit der Bürger gesetzlich durch, dass nur noch Diesel-Kfz mit Russpartikelfilter zugelassen werden und die alten Kfz schnellstmöglich nachzurüsten sind? Das wäre doch endlich einmal ein Beitrag, wo Ursache und Wirkung auch in Zusammenhang gebracht werden und die Richtigen zu ihrer Verantwortung gezwungen werden.

Nein, das traut sich die Bundesregierung natürlich nicht. Ich höre schon das übliche Totschlagargument von den vielen Arbeitsplätzen, die da verloren gingen und dem armen Wirtschaftsstandort Deutschland, der zwar Exportweltmeister ist, aber es ansonsten so schwer hat, sich in der globalisierten Welt zu behaupten und sowieso schon viel zu teuer ist usw.

Schade. Aber sie sollten uns wenigstens mit weiteren derartigen unausgegorenen Dingen und vor allem mit Behauptungen wie der ihrer Bundesgeschäftsführerin, Frau Lemke, verschonen, die unterstellt, die Länder würden aus parteitaktischem Trotz kaltschnäuzig den Krebstod zehntausender Menschen in Kauf nehmen. Das sollte sie wohl eher den Produzenten sagen.

Im übrigen sehe ich mich durch die Art und Weise, wie hier seitens der Bundesregierung auf Kosten der Länder neue Wohltaten verkündet werden, an einen alten Witz erinnert, der da lautet: Was haben Behörden und die Bremer Stadtmusikanten gemeinsam? Ganz einfach: Oben wird laut gekräht und der Esel unten muss die Last tragen.


Nur für heute leute ...
"ohne Panne von Tanne zu Tanne"