EU plant einheitliche Besteuerung der Autofahrer
von Christine Mai, Brüssel
Der für Steuern verantwortliche EU-Kommissar László Kovács treibt die Neuregelung der Kraftfahrzeugbesteuerung in Europa voran. Im Juni will der Ungar einen Richtlinienentwurf vorlegen, der die bisher stark unterschiedlichen nationalen Regeln vereinheitlichen soll.

EU-Kommissar László Kovács
EU-Kommissar László Kovács

Ziel ist ein neues System, das Verbraucher vor Doppelbesteuerung schützt und ökologische Aspekte stärker berücksichtigt. "Wir brauchen eine Gesetzgebung auf EU-Ebene", sagte Kovács der Financial Times Deutschland. "Damit handeln wir im Interesse der Bürger." Die Pläne werden derzeit innerhalb der Kommission endgültig abgestimmt. Die in vielen EU-Staaten erhobene Zulassungssteuer soll schrittweise abgeschafft und durch eine jährlich erhobene Kfz-Steuer ersetzt werden. Bei der Berechnung dieser Steuer soll der Ausstoß an schädlichem Kohlendioxid berücksichtigt werden.

Bis zur Abschaffung der Zulassungssteuer will Kovács Autohalter vor Doppelbelastungen schützen, die entstehen, wenn diese Autos über Ländergrenzen hinweg transportieren - etwa, wenn sie einen Gebrauchtwagen im Ausland kaufen. Derzeit wird die Zulassungssteuer dabei in beiden Staaten fällig. Künftig sollen Verbraucher nach dem Willen des Kommissars nur bei der ersten Zulassung zahlen. Ziehen sie dann in ein Land, das eine niedrigere Zulassungssteuer verlangt, soll die Differenz zurückerstattet werden.

Besteuerung von Personenwagen in Europa
Besteuerung von Personenwagen in Europa

Unnötige Steuerhürden

Die Kommission stört sich seit längerem an den unterschiedlichen Regeln in der EU. Kovács’ Vorgänger Frits Bolkestein hatte eine Umgestaltung der Kraftfahrzeugbesteuerung 2002 angestoßen. Damals verlangten 10 der 15 Mitgliedsstaaten eine Zulassungssteuer, davon Italien die niedrigste und Dänemark die höchste.

Die verschiedenen nationalen Vorschriften schaffen aus Brüsseler Sicht unnötige Steuerhürden. Sie behinderten den Binnenmarkt und verzerrten den Wettbewerb, argumentiert die Behörde. Die Autohersteller reagierten auf die teils stark variierende Zulassungssteuer mit unterschiedlichen Grundpreisen für Autos. Zudem haben die Regierungen und das Europäische Parlament das Ziel, den durchschnittlichen Ausstoß von CO2 bei Neuwagen bis spätestens 2010 auf 120 Gramm pro Kilometer zu drücken.

Damit die Vorschläge verabschiedet werden können, müssen die Regierungen der Mitgliedsstaaten sie einstimmig annehmen. Das erschwert Steuergesetzgebung auf EU-Ebene erheblich, da die Regierungen sich ungern in diese für ihre Staatseinnahmen wichtigen Fragen hineinreden lassen. Kfz-Zulassungsgebühren machen in vielen Ländern zusammen mit der Besteuerung von Kraftfahrzeugen und Kraftstoffen einen beträchtlichen Teil der Einnahmen aus. Kovács ist dennoch zuversichtlich. "Ich erwarte keine Kontroversen", sagte er. Insbesondere Verbraucherorganisationen und die Autoindustrie hatten sich für die Neuregelung stark gemacht.

Weicher Kurs

In anderen Fragen fährt der seit November amtierende Kovács einen weichen Kurs. So will er auf die Kritik vieler Mitgliedsländer an einem geplanten Pilotprojekt für kleine und mittlere Unternehmen eingehen. Ursprünglich wollte Kovács bis zum Herbst eine Empfehlung zu diesem Pilotprojekt vorlegen. Es sieht vor, durch die so genannte Sitzlandbesteuerung den Aufwand für kleine und mittlere Unternehmen zu verringern, die im Ausland tätig werden wollen. "Das muss ich mir nun noch einmal überlegen", räumte Kovács ein. Es habe keinen Sinn, ein solches Vorhaben gegen den Widerstand der Regierungen durchsetzen zu wollen. Möglich sei aber, ein Pilotprojekt mit einer begrenzten Zahl von Teilnehmerstaaten zu starten.

Hauptziel für seine Amtszeit sei es, die Besteuerungssysteme transparenter zu machen, sagte Kovács. Besonders im Verhältnis zwischen neuen und alten Mitgliedsstaaten hält der Ungar dies für wichtig. Die bereits begonnene Arbeit an einer EU-weiten Harmonisierung der Steuerbemessungsgrundlage bei der Unternehmensbesteuerung ist ihm daher wichtig. "Eine solche Angleichung wird es leichter machen, das Niveau der Besteuerung in verschiedenen Ländern zu vergleichen", sagte Kovács. Das werde zeigen, dass der oft gegen osteuropäische Länder erhobene Vorwurf des Steuerdumpings unberechtigt sei. Ziel der Harmonisierung seien möglichst detaillierte Vorgaben. Steuersätze will Kovács nicht harmonisieren. Er rechnet aber damit, dass sie sich durch den seit der Osterweiterung verstärkten Wettbewerb ohnehin langfristig angleichen werden.

Die bisherige Befreiung der Finanzdienstleistungen von der Mehrwertsteuer sieht Kovács kritisch. Die Ausnahme könne zu Verzerrungen führen, da Finanzdienstleistungen steuerlich anders behandelt würden als andere Dienstleistungen. Kovács will das Thema mittelfristig angehen. Bislang sind Finanzdienstleistungen nach EU-Recht von der Mehrwertsteuer befreit. Die entsprechende Richtlinie lässt den Mitgliedsstaaten allerdings viel Auslegungsspielraum. Dies führte in jüngster Zeit besonders in den Fällen zu Rechtsstreitigkeiten, in denen Banken und Versicherungen Dienstleistungen auslagern.

Aus der FTD vom 27.04.2005


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