Solange hier in NRW (wo ich wohne) der Müll von halb Europa und der restlichen Welt verbrannt wird, bin ich nicht bereit, meine Akzeptanz für Zwangsentgiftungsmaßnahmen (in Verbindung mit Zwangsenteignung an meinem Auto) auch nur um einen Jota zu erhöhen. (Hallo Walter, entschuldige das Wortspiel – aber das bot sich hier an dieser Stelle an, zumal Du ja auch erklärter Zonengegner bist.)

Wenn ich mich in den Biergarten am Alpincenter (auf einer Bergehalde angelegt der höchste im mittleren Ruhrgebiet) in Bottrop setze, befindet ich mich direkt oberhalb der Kokerei Prosper. Im näheren Umfeld erblicke ich die Glasfabrik und das RWE-Müllheizkraftwerk in Essen-Karnap sowie den Schornstein und die „Rieseneier“ der Zentralen Schlammbehandlungsanlage des Emscher-Klärwerks. Daneben am Rhein-Herne-Kanal das Lager für die Bevorratung der nationalen Kohlereserve – eine riesige, nicht abgedeckte, unbefestigte Freifläche mit mehr oder minder hohen Kohlehaufen darauf und bei Wind entsprechender Feinstaubaufwirbelung. Ein wenig weiter die größte (?) Aluminium-Hütte in Europa und direkt daneben am Esser Stadthafen – neu erbaut – die „Thermische Verwertungsanlage“ (schöne Wortschöpfung für Müllverbrennungsanlage) der Fa. Harmuth. Am nördlichsten Horizont ist das Kraftwerk Gelsenkirchen-Scholven, eines der größten Steinkohlekraftwerke zu erblicken. Im Westen die Müllverbrennungsanlage Oberhausen sowie die Hochöfen von Thyssen in Duisburg. Im Osten schließlich die riesigen Mineralöl-Raffinerien um den Gelsenkirchener Stadthafen – einem großen Ölhafen.

Die Luft, die ich hier seit meiner Kindheit einatme, wird von den Schornsteinen all dieser Industrieanlagen angereichert. Sicher, viele andere Anlagen haben zugemacht oder sind nach China verkauft und dort wieder aufgebaut worden. Z.B. Kokerei Dortmund oder Kohleverflüssigungsanlage Bottrop.
Zudem wurden hier in die bestehenden Abluftführungen bessere Filter eingebaut.

Aber Tatsache ist, nirgendwo gibt es soviele Müllverbrennungsanlagen in Europa wie im mittleren Ruhrgebiet. Teilweise neu-gebaut (wie im Essener Stadthafen), teilweise kapazitätsmäßig kräftig erweitert (wie bei der Müllverbrennungsanlage in Herten).

Die Umweltverträglichkeitsprüfungen wurden massiv gelockert. Es ist ein Riesengeschäft – politisch so gewollt, wegen der Investitionen und der Gewerbesteuer. Arbeitsplatzmäßig bringt das ganze allerdings kaum etwas, da die Anlagen automatisiert laufen. Und das ganze rechnet sich natürlich auch nur, wenn die vorhandenen Überkapazitäten auch tatsächlich ausgelastet werden – durch Müll, der von weit her herangekarrt wird.


Solange das so ist, solange Mafia-Müll (mit im Hausmüll untergemischten Industriemüll) aus Neapel hier quasi vor meiner Haustür verbrannt wird, kann ich nicht akzeptieren, daß mir mein Auto stillgelegt wird bzw. ich damit mein Grundstück nicht mehr verlassen darf. Angeblich zum Schutz meiner Gesundheit und der Umwelt.

Zur Zeit klagt eine australische Firma dagegen, daß die Genehmigung zur Verbrennung von Gift-Müll aus Australien zurückgenommen wurde. Ich frage mich, wieso überhaupt erst eine solche Genehmigung erteilt werden konnte. Giftmüll aus Ausstralien! Na ja, der heraufziehende Wahlkampf bringt gelegentlich wohl auch mal einen positiven Effekt.

Jedenfalls kommt aus den Schornsteinen, so hoch sie auch sein mögen, natürlich kein Wasserdampf, sondern u.a. Feinstaub vom allerfeinsten. Da erscheint mir der Autoverkehr nicht unbedingt als das dringlichste Problem. Wenn die Luft hier wirklich so schlecht und die Feinstaubbelastung so hoch ist, wie behauptet, hätten keinesfalls neue Verbrennungskapazitäten geschaffen werden dürfen. In solch einem dicht besiedelten Gebiet wie dem Ruhrpott.

Nee, nee - aus meiner Sicht ist die ganze Umweltzonen-Debatte die reinste Desinformationskampagne.

Und die Plakettenschraube (rot – gelb – grün – weiß?) dient wohl in erster Linie der ach so notleidenden Autoindustrie.

mfG
Rainer


Vor der Hacke ist es dunkel. (Bergmanns-Spruch)