Ich habe vor über drei Jahren – nach einem zurückliegenden Fehlversuch von wenigen Wochen Dauer – ziemlich problemlos mit dem Rauchen aufgehört. Erst während des Entzugs habe ich das Web nach Anleitungen umgegraben und war erschüttert über die weit überwiegende Nutzlosigkeit oder gar Schädlichkeit typischer Anleitungen von Presse, Krankenkassen, Allgemeinärzten und anderen Laien.

Regelmäßig liest man,

- dass Nikotinverzicht ein schmerzhaftes Opfer, oder eine Art idealistische Selbstkasteiung darstellt,
- dass man die Tortur am besten mit Nikontizufuhr (Pflaster, Kaugummi etc.) lindert (in Wahrheit: verlängert),
- dass ein (langfristig tödlicher) Rückfall kaum abzuwenden und nur allzu menschlich ist.


Alles Bullshit. Wahr ist:

1. Rauchen bringt dich um. Wie schon als Kind würdest du Rauchen grauenvoll finden, wenn Du nicht nikotinsüchtig wärest.
2. Gegen die Sucht hilft nur totaler Nikotinentzug schnell, wirksam und stressarm. Nichts anderes.
3. Eiserne Wiillenskraft ist völlig unangebracht. Schließlich tust Du dir einen Gefallen.
4. Eine goldene Regel lautet: Du musst nur auf eine einzige Zigarette verzichten: die nächste. Das stimmt. Nikotinentzug erfolgt nie für den Rest des Lebens, sondern nur für den aktuellen Tag. Man schiebt einfach nur den Rückfall auf. Konzentriere dich darauf HEUTE nicht zu rauchen. In Krisen nur die nächsten zehn Minuten nicht.
5. Vergiss NIE, dass ein "Schmachtanfall" gewöhnlich nur ein paar Minuten andauert. Wenn Du in denen rückfällig wirst, bist Du selbst schuld.
6. Wenn Du rückfällig wirst, bist Du nicht schwach oder menschlich, sondern DER VOLLDEPP! Dabeisein ist NICHT alles. Wenn Du unbedingt rückfällig werden willst, mach es bewusst: Sage dir laut, dass Du den Rest deines kurzen Lebens als Sklave amerikanischer Tabakkonzerne verbringen willst. Dann rauch!
7. Die Entzugserscheinungen erreichen um den dritten Tag einen kurzen Gipfel. Wenn man das weiß, kann man die Sache aushalten, statt sinnlos rückfällig zu werden.
8. Nach ca. zwei Wochen geht's spürbar bergauf. Nach zwei Monaten fühlt man sich meistens wohl.
9. Ein verbreiteter Kardinalfehler ist es, Entzugserscheinungen für "Probleme" oder gar "Scheitern" zu halten. In Wahrheit sind sie Zeichen des Erfolgs und somit Anlass zur Freude.
10. Jeder Ex-Raucher träumt von der einen perfekten Zigarette, meistens zum Morgenkaffee. Diese einzige Zigarette gibt es nicht – es gibt sie nur zusammen mit den zwanzig oder vierzig Kippen, die Du gedankenlos über den Tag rauchst.
11. Das eigentliche und einzige Problem beim Rauchentzug ist die so genannte psychische Abhängigkeit. Die besteht in der irrigen IDENTIFIKATION mit der Sucht des Körpers: "Ich BIN Raucher, meine schönsten Erlebnisse hatte ich beim Rauchen. Das alles wird vorbei sein. Nach einem Entzug bin ich nicht mehr der alte." Nur durch Selbstbeobachtung und Entzug entdeckst Du, dass diese scheinbare Identität nur eine leere Gewohnheit war.

Die einzigen Experten die all das kapiert haben, sind meines Wissens die Autoren und Coaches Allen Carr und Joel Spitzer. Deren Bücher kann und sollte man lesen. Den ganzen Rest hingegen nicht.

Ein guter Trick lautet übrigens, sich nach einem überschaubaren Zeitraum (2 Wochen) vom gesparten Kippengeld was hübsches zu kaufen. In meinem Fall wars ein besonders hochwertiges PMR-Funkgerät. Ich habe es eigentlich nie gebraucht. Trotzdem war es die nützlichste Anschaffung meines Lebens.

Andere typische Tipps lauten, enthemmenden Alkohol zu meiden, Zigarettenvorräte zu vernichten, Rauchertreffpunkte zu meiden, seine Entscheidung möglichst vielen Leuten mitzuteilen, Stress zu meiden, viel Fruchstsaft zu trinken, viel Gemüse zu essen. Gemüsesticks mit Dip sind ein guter Kippenersatz.

Glückwunsch, viel Erfolg!
Norbert



Nachtrag: Ich habe mehrere Arbeitskollegen, die zeitgleich mit mir aufhörten, aus einem typischen Grund scheitern gesehen: Sie kannten ihre genauen Gründe für den Ausstieg nicht. Wer nur zum Experiment mit dem Rauchen aufhört, hat selten Erfolg. Es wird daher empfohlen, sich die Gründe für den Ausstieg bewusst zu machen, aufzuschreiben und diese Liste bei sich zu tragen.