Na gut, wenn hier die Geheimhaltung so befürwortet wird oder zumindest für normal gehalten, dann erzähl ich jetzt mal ein modernes Märchen zur Informationspolitik, wie sie intransparenter, undemokratischer und menschenfeindlicher kaum sein könnte. Nach meiner Meinung.

Es war einmal ein Mann, der reiste viel herum und hatte in seinem Koffer ein gefährliches Gift immer dabei. Das hatte er von weit, weit her aus einem fernen Land mitgebracht. Eine ganz, ganz üble Sache. Leider begab es sich eines Tages, daß die Schlösser an dem Koffer kaputt gingen, er sprang plötzlich auf, und das böse Zeugs ergoß sich als feiner Staub über die Erde bei einem kleinen Dorf.
Der Mann, der ja wußte, wie gefährlich das Gift war, holte unverzüglich alle seine Freunde zusammen und sie suchten und suchten und kratzten das üble Zeugs zusammen. Alles, was sie finden konnten. Leider blieben von den 20 kg Gift, die in dem Koffer gewesen waren, jedoch 3 Kilogramm verschollen. Trotz monatelanger Suche und obwohl ihm ja viele Freunde geholfen hatten.
Da war also nichts zu machen und irgendwann wurde die Suche eingestellt. Den Männern und Frauen im Dorf sagte der Mann: „Wir haben von dem Zeugs fast alles wiedergefunden, nur ein ganz kleines bißchen fehlt noch. Aber ihr braucht Euch keine Sorgen machen. Wir haben den kleinen Rest untergepflügt. Nur vom Boden essen solltet ihr nicht, aber das tut ja auch bestimmt niemand.“

Da waren die armen Dorfbewohner beruhigt, zumal der Mann ihnen eine kleine Entschädigung für die erlittenen Unbilden versprochen hatte. Und außerdem durften sie sich einmal im Jahr in der großen, weit entfernten Hauptstadt ärztlich untersuchen lassen – völlig kostenlos. Damit man sicher sein konnte, daß alles in Ordnung ist.

Und so geschah es dann auch und alle waren zufrieden. Das Dorf blühte auf und neue Leute zogen hinzu. Langsam geriet in Vergessenheit, welch schlimmes Geschehnis sich hier ereignet hatte. Auf dem Land, über welches der Koffer seinen giftigen Inhalt ergossen hatte, wurden neue Häuser erbaut und die Leute machten sich auch immer seltener auf den beschwerlichen Weg zur ärztlichen Untersuchung in die weit entfernte Hauptstadt. Zumal ihnen ihre persönlichen Untersuchungsergebnisse ja gar nicht mitgeteilt wurden. Das sei nicht erforderlich, man wolle das ganze lediglich nur ein wenig wissenschaftlich unter Beobachtung halten.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute...

Soweit das Märchen, dessen Standartschluß selten zutreffender ein Märchen beendet hat.

Ich bin in den 80er Jahren bei Palomares, wo die vier amerikanischen Atombomben eingeschlagen und teilweise mit ihren konventionellen Sprengladungen detoniert sind, zufällig vorbeigekommen. Nix abgesperrt, keine Warnschilder, alles frei zugänglich. Querfeldein mit der Enduro durch die staubige Pampa, äh spanische Sierra. Und ich hab’s damals richtig krachen bzw. stauben lassen. Ich hatte das Unglück und den Namen des Dorfes doch längst vergessen. Der Bomberabsturz war ja auch bereits im Jahr 1966 passiert.

Mittlerweile ist viel Landfläche in der Gegend mit Ferienwohnungen zugepflastert worden. Auch eine Möglichkeit, den Boden zu versiegeln. Blöd nur, daß bei den Erdarbeiten für die Fundamente das untergepflügte Plutonium wieder zu Tage tritt...

Und den Bewohnern wird immer noch verheimlicht, in welche alte Bergwerkstollen der naheliegenden Sierra Almagrera die abgetragene, plutoniumverseuchte Erde verfüllt worden ist, welche nicht mit Schiffen in die USA verfrachtet wurde. Und auch die Information über die Langzeitergebnisse der medizinischen Reihenuntersuchungen wird den Betroffenen über Jahrzehnte hinweg verwehrt. Betriebsgeheimnis der US-Armee und Staatsgeheimnis der spanischen Regierung!

„Palomares ist ein Musterbeispiel für eine fragwürdige ABC-Abwehr- und Informationspolitik. Im Jahre 1966 wurde die ortsansässige Bevölkerung zunächst weder von den USA noch von Seiten der spanischen Regierung über die nukleare Strahlungsgefahr vor Ort informiert. Eigentlich sei gar nichts passiert, hieß es damals von offizieller Seite. Die spanische Militärdiktatur von Generalisimo Francisco Franco wollte zur Nukleargefahr grundsätzlich nichts sagen, angeblich um die ausländischen Touristen nicht zu verschrecken. Die amerikanische Regierung redete sich heraus, wenn die Spanier nichts sagen würden, könnte auch sie keine Erklärungen abgeben.“ (Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33192/1.html)

Das alles hat also die Bevölkerung und die Touristen gefälligst nicht zu interessieren, oder vielleicht doch???

mfG
Rainer

P.S.

Reporter: "Tell me, any sign of the bomb?"

Air Force Spokesman: "What bomb?"

Reporter: "Well, you know, the thing you're looking for …"

Air Force Spokesman: "You know perfectly well we're not looking for any bomb. Just looking for debris."

Reporter: "All right, any signs of the thing that you say is not the bomb?"

Air Force Spokesman: "If you put it that way, I can tell you that there is no sign of the thing that is not the bomb."

(Quelle: siehe oben;
weiterer Artikel: http://www.tagesspiegel.de/zeitung/aus-heiterem-himmel/675484.html)






Vor der Hacke ist es dunkel. (Bergmanns-Spruch)