Erstes Kapitel: Autobahn bei Barcelona in Nordspanien

38,7 Grad im Schatten. Riesen-Stau vor einer Mautstelle. Es gibt mindestens 15 Durchfahrspuren aber doppelt so viele Fahrzeugschlangen. Kurz vor den Kassenstellen Reißverschluß-Schließen, sprich wildes Hin- und Querfahren durch Spurwechsler. Chaos. Direkt hinter mir ein vollbesetzter Seat-Van mit abgedunkelten Seitenscheiben. Der Fahrer regt sich offensichtlich sehr darüber auf, daß es so langsam vorwärts geht und gestikuliert hinterm Lenkrad mit den Armen. Er fährt ständig extrem dicht auf mich auf, will vielleicht verhindern, daß sich jemand in die nicht-vorhandene Lücke quetscht.

Bumm! Aber leise und nur geringe Erschütterung an meinem Auto.

Was machen? Austeigen? Nach dem Rechten sehen? Riskieren, daß aus dem Van 5 oder 6 Personen rausklettern und sachlich und sachkundig die Situation mitdiskutieren - natürlich wortreich auf spanisch bzw. arabisch. Daß sie womöglich meinen Kofferraum inspizieren, auch von innen? Das ganze begleitet vom fröhlichen Hupkonzert der anderen Wartenden.
Jede Menge Menschen um mich herum und trotzdem bin ich voll in der Anonymität. Mit Sicherheit keine Zeugen. Jeder will sich selber möglichst schnell den höchst unangenehmen Rahmenbedingungen des Staus und der Hitze entziehen.

Ich entscheide mich, erstmal nichts zu tun und zunächst die Mautstelle zu passieren. Fenster hoch, Türknöpfe runter! Ich ärgere mich mal wieder, daß mein Auto keine Klimaanlage hat. Auch aus dem Van steigt niemand aus. Er hält jetzt einen halben Meter Abstand.

Unmittelbar nach der Mautstelle fahre ich noch im Halteverbot rechts ran und beobachte, was der Van hinter mir macht. Meine Frau notiert das Kennzeichen. Ich mache ein Foto von der Karre. Das fremde Auto fährt weiter ohne anzuhalten. Ich steige aus und schau mir jetzt erst mein Auto an. Es hat keine erkennbaren Schäden. Noch mal gutgegangen.

Zweites Kapitel: Großstadt Murcia in Südspanien

Ich bin im Stadtkern unterwegs. Dichter Verkehr. Ich muß immer wieder an Ampeln und Fußgängerüberwegen anhalten. Leute gehen vor und hinter meinem Auto über die Straße. Stellenweise ist das Auto für kurze Zeit von Menschen regelrecht umringt.
Ich komme endlich raus aus der Stadt und fahre auf die Autobahn. Nach wenigen Kilometern bei 130 km/h Reifenpanne, hinten links! Dummerweise macht die Autobahn hier eine langgezogene Rechtsbiegung und die Standspur ist gerade mal 2 Meter breit. Hier den Reifen wechseln und riskieren, von den zahlreichen LKWs plattgefahren zu werden oder von zufällig auftauchenden netten Menschen ungewollte Hilfe zu bekommen?
Ich entscheide mich, mit eingeschalteter Warnblinkanlage auf der Standspur weiterzufahren – bis zur nächsten Abfahrt. Ich rumple langsam über den Pannenstreifen und beobachte dabei aufmerksam den nachfolgenden Verkehr im Rückspiegel. Nur was sollte ich denn wohl machen, wenn sich tatsächlich ein ungebetener Helfer direkt vor mich setzt? Abhauen kann ich mit dem kaputten Reifen ja nicht.
Nach einigen Kilometern ist der defekte Reifen völlig zerfetzt und ich hoffe nur, daß die Bremsleitung von den herumeiernden Reifenresten nichts abbekommt. Plötzlich steht ein LKW mit einer Panne auf der Standspur vor mir. Ich muß anhalten und überlege erneut. Aber es hilft alles nichts. Ich muß vorbei, um meine Situation zu verbessern. Es dauert eine ganze Zeit lang, bis die Autobahn hinter mir ausreichend frei ist, ich fahre kurz wieder auf den rechten Autobahn-Fahrstreifen und gebe beherzt Gas. Für einen kurzen Moment eine nicht ganz ungefährliche Situation! Nachdem ich den LKW passiert habe, fahre ich sofort wieder rechts ran und halte an.
Der LKW-Fahrer sitzt im Führerhaus und telefoniert. Ich nicke ihm freundlich zu und beginne unter seiner „Aufsicht“ mit dem Reifenwechsel – nunmehr auf der Standspur gut abgeschirmt von dem großen LKW. Nach wenigen Minuten bin ich fertig und kann an der nächsten Ausfahrt abfahren und einen Reifendienst suchen. Ich bin keinen netten Helfern in die Hände gefallen und auch nicht platt gefahren worden – noch mal Glück gehabt.

Drittes Kapitel: Touristenort an der südspanischen Küste

Ich suche in Strandnähe einen Parkplatz und fahre langsam durch ein Gewirr von kleinen Einbahnstraßen. Als ich nach rechts abbiege, muß ich für einen Fußgänger, der vor mir die Straße überquert, bremsen. Bumm! Ein nachfolgendes Auto ist aufgefahren. Zwei junge Männer, die an einem Tisch in einem Straßencafe direkt am Unfallort sitzen, erheben sich und nähern sich den Autos. Es riecht nach Komplikationen, aber fast wider meine Erwartung halten sie nur kurz inne, um dann weiterzugehen, ohne sich einzumischen. Ich schaue mir gemeinsam mit dem fremden Fahrer den Schaden an. An beiden Autos sind keine sichtbaren Schäden. Wieder Glück gehabt.


Fazit:
Ich kann mich kaum an meinen letzten Unfall erinnern. Solange ist der her und auch der letzte Reifenschaden liegt schon etliche Jahre zurück. Die drei geschilderten Vorfälle hingegen haben mich vor wenigen Wochen in Spanien ereilt – innerhalb eines Zeitraums von nur 14 Tagen.
Da kann man schon zur großen Vorsicht raten, wenn auch die Grenze zur Paranoia manchmal nicht weit entfernt zu liegen scheint. Meint jedenfalls meine Frau. Was meint ihr?

mfG
Rainer








Vor der Hacke ist es dunkel. (Bergmanns-Spruch)