Original geschrieben von Oliver
Wie klein, eingeschränkt und egozentrisch muß meine Weltanschauung denn sein, wenn ich mir selbst das Recht auf Indiviualität gönne, es anderen aber nicht zugestehe? Das überrascht mich gerade in einem Kreis von Individualisten, als die sich Geländewagenfahrer so gerne sehen. Wir fahren andere, individuell umgebaute Fahrzeuge, schlafen gerne abseits und alleine im Einklang mit der Natur statt im Robinson Club, bereisen die Welt, lassen uns die buntesten Bilder auf die Haut stechen, schieben ganze Pipelines durchs Ohrläppchen, aber erwarten, daß der Gegenüber gefälligst den Hut vom Kopf nimmt und nicht dämlich aussieht.
Da stimmt doch die Formel nicht.


Ich habe nur ein einziges Problem mit Deinen Worten: Es kann doch nicht sein, dass Du die Antwort auf Deine Fragen nicht laengst kennst!

Es ist nun mal ein Irrtum, zu glauben, Individualismus liesse sich durch den Gebrauch von Industrieprodukten ( die gerade hier vor allem Lifestyle repraesentieren) leben - oder vielleicht wirklich ausdruecken! Dich stoert die Diskrepanz zwischen Schein und Sein. Die ist es nun aber gerade, die unserer Gesellschaft inzwischen den Boden entzogen hat! Und jetzt mal ohne Scherz: "setz dir Peruecken auf von Millionen Locken, setz deinen Fuss auf ellenhohe Socken, du bleibst doch immer, was du bist" - ein Buerger als Konsument!

Warum denn diese saubloeden Kampagnen, Dein Auto, Deine Wohnung - ja Dich selbst - zu "personalisieren"? "Personalisieren" mit nicht nur den gleichen, sondern den selben Mitteln, wie der Nachbar; wie Millionen.
Du bist doch hier - und nicht nur hier - schon lange genug dabei. Dir ist sicherlich laengst bewusst, dass es absolut kein (nichttechnisches) Thema gibt, welches nicht ueber kurz oder lang ins Weltanschauliche fuehrt (siehe gerade wieder diesen wahnwitzigen Thread). Und da greifen dann die Zaehne wie in einem ausgeleierten Getriebe ineinander. Mit dem ewig gleichen Ergebnis: man beharkt sich, man geht auseinander und alles bleibt wie gehabt. Die "Kumpel" fallen sich feixend (oder zaehneknirschend) in die Arme; die stigmatisierte "Betroffenheits-Clique", die Gutmenschen, werden fuer den naechsten Einsatz konditioniert! smile

Persoenliches formt sich durch Argumente in kontroverser Rede; Informationenaustausch à la Wiki reicht da nicht, die hingeklickte Links- Manie erst recht nicht. Wir sind auf breiter Linie ueberall in Gefahr, die produktive Streitkultur zu verlieren. (Lies mal laengere Zeit z.B. Spon-Beitraege und sag mir danach, was sie Dir gebracht haben. Das war vor fuenf/sechs Jahren noch ganz anders!)

Die Formel stimmt deswegen nicht, weil es eben keine Formel geben kann, die umfassend genug ist, unsere wirkliche Freiheit zu erfassen! Das faellt aber erst dann auf, wenn man sie nutzen will.

"L'homme a la conscience d'être Dieu, et il a raison, puisque Dieu est en lui! Il a conscience d'être un cochon, et il a également raison parce que le cochon est en lui. Mais il se trompe cruellement quand il prend le cochon pour un Dieu!"
(Leo Tolstoï)