Im Tessin haben fast 70 Prozent mit Ja für die Einwanderungsbegrenzungs-Initiative gestimmt, in manchen Dörfern gab es sogar mehr als 90 Prozent Ja-Stimmen dafür. Bei nur 0,3 Prozent Unterschied im Ergebnis für die Gesamtschweiz dürfte dort also die Volksabstimmung entschieden worden sein.

Das ökonomische Ungleichgewicht zwischen der Schweiz und Italien ist einer der Schlüssel zum Verständnis.

"Die Personenfreizügigkeit bereitet eine Katastrophe für eine ganze Generation vor. Ich will nicht, dass unsere Kinder das Tessin verlassen und jenseits des Gotthard Arbeit suchen müssen, weil sie daheim keine finden." Sagt nicht irgendein fremdenfeindlicher Rechtspopulist, sondern der grüne Spitzenpolitiker Sergio Savoia.

Und weiter: "Solange das eklatante Lohngefälle zwischen Italien und der Schweiz weiter besteht, wird sich nichts ändern."

Bekräftigt wird diese Sicht durch Michele Rossi von der Tessiner Handelskammer: "In meiner Kanzlei haben wir immer wieder Bewerbungen von fertig ausgebildeten Juristinnen aus Mailand erhalten, die als Sekretärin arbeiten wollten. Wir sind nie darauf eingegangen, aber finanziell wäre es für beide Seiten sinnvoll."
Die Süddeutsche Zeitung führt weiter aus: „In der Tat: Eine Anwaltssekretärin verdient im Tessin mindestens 3800 Franken, also etwa 3100 Euro, eine Jung-Juristin - so sie überhaupt eine Anstellung findet - muss sich in Italien mit 1500 Euro bescheiden. Ähnlich dramatisch sind die Unterschiede in fast allen Berufszweigen.“

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/schweizer-volksabstimmung-brennpunkt-tessin-1.1886258

Das EU-propagierte Prinzip der Freizügigkeit ist in meinen Augen nichts anderes als ein wirtschaftspolitisches Konstrukt zur noch effizienteren Ausbeutung ärmerer Länder und ihrem Arbeitspotential bei gleichzeitiger Schwächung der jeweiligen einheimischen Arbeitnehmerschaft. Transportiert und in die Akzeptanz des Wählers verschoben wird das ganze verlogenerweise über positiv besetzte Begriffen wie Wohlstand, Freiheit, Frieden. In Wahrheit steckt nichts anderes als Neo-Kolonialismus und Imperialismus dahinter, also eine zutiefst kapitalistische Polit-Strategie, welche sich bereits in der Vergangenheit vielfach bewährt hat. Heute werden die neuen Kolonial-Völker nur nicht mehr mittels Sklaverei und direktem Ressourcen-Raub ausgeplündert, sondern eleganter mithilfe von Verträgen und leeren Worthülsen um ihre Zukunft betrogen.

Jetzt mal nicht auf die Schweiz, sondern konkret auf Deutschland bezogen:

Mit welchem Recht und welcher Selbstverständlichkeit eigentlich nimmt Deutschland dem rumänischen Volk die Ärzte und Ingenieure weg, die dort dann für die Versorgung der Bürger und für die Entwicklung der eigenen Wirtschaft fehlen?
Warum muß sich andererseits die deutsche Bevölkerung das Begleitphenomen von Sozialtourismus und erhöhter Kriminalität durch die unerwünschten Kollateral-Begleiter der Freizügigkeit gefallen lassen?
Warum müssen zunehmend Vollzeitbeschäftigte einen zusätzlichen Aushilfsjob annehmen, um ein Auskommen mit ihrem Einkommen zu haben?
Weswegen werden laufend staatliche Infrastrukturen heruntergefahren, Öffnungszeiten verkürzt, Personal eingespart – bei gleichzeitiger Anhebung von Gebühren und Abgaben?
Wieso muß sich das Schulsystem der ‚Dichter und Denker‘ immer mehr auf Kinder focussieren, welche bei ihrer Einschulung über keinerlei oder nur unzureichende Deutschkenntnisse verfügen? Mit impliziter Chancenminderung für all die Kinder, welche sich auf einem altersgemäßen Entwicklungsstand befinden.
Warum wird die Kluft zwischen Reichtum und Armut immer größer, und zwar exorbitant und weltweit, ganz ungeachtet unterschiedlicher politischer Systeme und divergierender sozialer und religiöser Strukturen?

Leider sind die Deutschen noch weit davon weit entfernt, von der Politik Antworten und Handlungsansätze bezüglich dieser und ähnlicher Fragen zu erzwingen. Aber immerhin könn(t)en sie in ein paar Wochen zeigen, was sie von der EU halten...

mfG
Rainer


Vor der Hacke ist es dunkel. (Bergmanns-Spruch)