Ist ja nicht gerade viel los im VMV! smile

Da bietet doch ein Blick über den Zaun mehr, wo sich die dortige Community ein wenig in Aufruhr/Anteilsnahme befindet:

In Aegypten ist ein europaeischer Tourist - nach ausfuehrlichen Befragungen durch die Polizei - schliesslich ins Flugzeug gesetzt und des Landes verwiesen worden. So what; eine Fussnote im taeglichen Allerlei unter «Vermischtes»- sollte man meinen. Ich sehe in diesem banalen Vorgang jedoch ein aufschlussreiches Lehrbeispiel dafuer, dass bei uns - trotz (oder vielleicht wegen) der staendigen Nachrichtenflut - die Ignoranz gegenueber fremden Realitaeten erschreckend zunimmt! Warum?
Dieser Tourist ist nicht nur ein «geuebter» Besucher am Nil, sondern auch Admin eines sehr verdienstvollen deutschen Reiseforums. Je laenger man seinen langen Schilderungen zu dem Vorfall folgt, desto groesser wird das Erstaunen ueber die Realitaesferne eines - doch eigentlich - besonders gut Informierten: gerade im betreffenden Forum kann man, seit dem Umsturz in Aegypten, oeffentliche Warnungen vor Terroranschlaegen und behördliche Hinweise zum Verhalten in diesem Land lesen. Jeder durchschnittliche Zeitungsleser weiss, dass dieses Land nicht nur kein Rechtsstaat ist, sondern noch immer dicht an der Schwelle zum Buergerkrieg manoevriert.

Unvergessen sind die brutalen Ereignisse rund um den Tahrir-Platz. Polizeiwagen machten Jagd auf Demonstranten, rasten sie platt, Militaer und Politik sind fuer hunderte Tote verantwortlich, Frauen sind immer wieder mal Freiwild (auch fuer die Polizei), weibliche Journalisten wurden vergewaltigt. Gerade wurden - im Schnellverfahren - ueber 500 Muslim-Brueder pauschal zum Tode verurteilt und in den grossen Staedten ereignen sich Terroranschlaege. Und eben auch wegen dieser Anschlaege ist die Polizei/Geheimpolizei nervoeser, als es sich ein (offensichtlich etwas somnambuler) Tourist vorstellen kann. Er schlendert durch Kairo, fotografiert markante Gebäude, Bruecken und Autobahnen und traegt - obwohl er keine Reise ausserhalb der Stadt (z.B. in die Wueste) plant - nicht nur ein GPS, sondern auch ein Satelliten-Telefon im Rucksack. (In zahlreichen Staaten, deren akute Lage wesentlich ruhiger ist, als die Aegyptens, sind z.Z. nicht nur diese Apparate, sondern sogar simple, kurzreichende Handfunken, selbst Fernglaeser verboten.)

Der Mann ist ja nicht zufaellig im Land; er liebt es (wie er sagt) und wandert dort immer wieder zur Selbstfindung durch den Sand. Die Schilderungen seiner Verhoere lassen ahnen, wie tief es ihn trifft, dass man IHN so geringschaetzig behandelt; eben wie einen gewoehnlichen Verdaechtigen. Nun bezeichnet er sich als «persona non grata» (urspruenglich eher ein Begriff der internationalen Diplomatie) und erwaegt, behoerdlich gegen sein - mit der Abschiebung verbundenes - eventuelles Einreiseverbot vorzugehen.

Obwohl ich ganz und gar die sicher auch quaelende Ungewissheit bei den Befragungen nachfuehlen kann, frage ich mich, wie ein taeglich unter Brutalitaet und Behoerdenwillkuer leidender Aegypter, diese langen Detail-Schilderungen («Spionage; Ich wurde ausgewiesen aus Aegypten») eines gekraenkten Egos wohl beurteilen mag!