Liebe Allradkleinlastwagenreisende

Den meisten wird’s nicht entgangen sein, dass wir seit 8 Monaten wieder in Australien unterwegs sind. Nach sechs Monaten on the road hatte ich auf meinem Australien-Blog ein Resümee gezogen.

Ende 2009 hatte uns ein unerwartetes Jobangebot nach Melbourne gebracht. Unser T-Rex musste natürlich mit und kam mit erst 2000 km auf dem Tacho in Australien an. Als blutige Anfänger (wir waren bis dahin fast nur mit dem Fahrrad gereist) konnten wir bei den Aussies wertvolle Erfahrungen sammeln, die Mitgliedschaft im Range Rover Club hat sich als eine der besten Entscheidungen erwiesen. Besonders weit kamen wir in jenem Jahr nicht, da wir ja vor allem zum Arbeiten gekommen waren. Die Erlebnisse machten aber Lust auf mehr, und nach 3.5 Jahren Schweiz sind wir nun wieder hier. Für ein Jahr und nur zum Reisen.

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Als erstes galt es wiederum, die Quarantänehürde zu nehmen (Details) und eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen. Wenn man das Fahrzeug über Melbourne einführt, entfallen technische Abnahmen, welche in Westaustralien und Northern Territory, wie wir von anderen Europäern in den letzten Monaten erfahren haben, ziemlichen Ärger und Kosten verursachen können.

Australien ist ein 4x4-Land und ein Camping-Land, doch gibt es unsere Fahrzeugkategorie hier sozusagen nicht. Seit etwa 3 Jahren wird der Daily 4x4 vertrieben, doch gibt es praktisch keine entsprechenden Aufbauhersteller. So werden Aufbauten immer noch vorwiegend in Stahl und Alu realisiert und kommen teilweise ziemlich monströs daher (eine der wenigen Ausnahmen ist das Fahrzeug von downunda, die auch hier im Forum präsent sind, und die wir vor einem Monat in Alice Springs getroffen haben — Wiedersehen nach 5 Jahren smile ). Deshalb generiert unser T-Rex eine Meeeenge Interesse und uns dadurch viele interessante Kontakte und Tipps. Die Camping-Möglichkeiten sind ausserordentlich, doch stellen wir eine zunehmende Tendenz fest, dass die Gemeinden freies Camping einschränken. Wo vor fünf Jahren Camping in Nationalparks oft noch kostenlos war, werden nun Gebühren eingetrieben. Ich bin der Meinung, Natur sollte einen Preis haben, doch muss dieser angemessen sein. Der Staat Victoria verlangt u.a. in den schöneren Camps entlang der Great Ocean Road $37.80 pro Fahrzeug und Nacht für nicht viel mehr als eine schöne Aussicht und ein Plumpsklo. Die Tage der grenzenlosen Campingfreiheit sind also auch hier gezählt, mindestens entlang der Hauptreiserouten. Im Hinterland und natürlich im Outback gibt es nach wie vor sehr viele schöne und kostenlose Möglichkeiten.

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Privater Strand beim Camping auf der Wurrura Station, W.A.

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Albert Tognolini free camp, W.A.

Der T-Rex ist genau das Fahrzeug, von dem wir hier träumen würden, wenn wir nicht einen hätten. Selten brauchen wir Untersetzung und Diff-Sperren, und wir müssen uns nie sorgen machen, wenn für eine Strecke ein “high-clearance 4WD” gefordert ist. Wer es sucht, der kann knackige 4WD-Trails finden, auf denen das Fahrzeug an die Grenze kommt — meistens kommt allerdings der Fahrer zuerst an seine Grenze. Auf dem Deddick-Trail im Snowy River Nationalpark (Victoria) haben wir im Januar ein bisschen an diesen Grenzen geschnuppert; nur gut kam der Regen nicht zu früh.
Die Gibb River Road war ein zweiwöchiges Feuerwerk, hat das Fahrzeug punktuell etwas gebeutelt, vor allem natürlich die Reifen.

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400 km früher gab’s noch keine Profilausbrüche

Letzten Donnerstag wurden die General Grabber AT2 nach 75’000 km durch die fast brandneuen BF Goodrich T/A KO2 ersetzt. Obwohl der KO2 einen höheren Lastindex (E statt D) hat als der AT2 — und somit a priori eine steifere Seitenwand —, ist unser erster Eindruck, dass er mit gleichem Luftdruck weicher läuft und besser dämpft. Mehr können wir noch nicht sagen.

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In Sachen Ausbau und Ausrüstung bin ich vor allem von den folgenden Verbesserungen gegenüber 2009 angetan
  • LiFePO4-Akku mit 100 Ah und dank zusätzlicher Isolation unserer Waeco CF-35 Kühlbox (= unser Hauptstromverbraucher) sind wir auch bei Tagestemperaturen um 35°C mindestens 5 Tage autark, bei tieferen Temperaturen bis 8 Tage. Solarpanel haben wir keines, geladen wird nur über den Alternator, der in 2.5 Std fast 100 Ah nachladen kann, auch bei Standgas (Details, bereits vor ein paar Wochen referenziert)
  • Wir pumpen unser Trinkwasser beim Füllen durch ein Keramik-Aktivkohlefilter von Katadyn (3-5 Liter/min). Dadurch wächst im Tank auch bei Tagestemperaturen um 35°C nichts. Bevor wir dieses Filter einsetzten, füllten wir Leitungswasser in denselben lichtdichten Tank, wo selbst unter Einsatz von Mikropur im Laufe von ein paar Wochen ein feiner, schleimiger Film entlang der Tankwände entstand.

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  • Die beiden Kanister zwischen Hinterrädern und Unterfahrschutz (einer für Grauwasser, der andere für Brauchwasser v.a. zum Händewaschen) haben sich sehr bewährt, den Platz gut genutzt und den Schwerpunkt tief gehalten.

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Bisher hatten wir mehrere Probleme, darunter drei Pannen, die uns kurzfristig am Weiterfahren hinderten:
  • wahrscheinlich im Container hat sich die Spurstange verstellt, sodass auf den ersten 4000 km ein Vorderreifen innen ziemlich abgelatscht war und zum Reserverad wurde
  • der Bruch einer Lötstelle hat uns einen Tag gekostet und viel neue Erfahrung gebracht (Chronologie — bereits einmal früher in Rolands Faden verlinkt)
  • der Verlust meines Schlüsselbunds hat uns gezeigt, dass man nur einen Zündschlüssel im Gebrauch haben sollte
  • die aufgeschlitzte Seitenwand eines Reifens LINK deckte zum Einen eine Lücke in unserem Werkzeugsatz auf und erinnerte uns zum Andern daran, dass ein zweiter Reservereifen vielleicht doch eine gute Idee wäre, denn unsere Dimensionen (315/75 R16) sind ausser in den ganz grossen Städten kaum auf Lager; Bestellen dauert 5-10 Tage
  • ein kleines Leck im Kühler war nicht ganz einfach zu lokalisieren, ist aber seither dicht, doch leckt der Kühler nun an anderer Stelle. IVECO Australien hat keinen passenden Kühler an Lager, doch konnte ich heute bei einem Händler in Melbourne telefonisch einen ausfindig machen
  • drei abgebrochene Haltelaschen des “Klimakühlers” hat Allrad Christ letzten August geschweisst, jetzt geben sie wieder nach und nach den Geist auf. Statt geschweisst habe ich sie jetzt mit Sikaflex 252 geklebt, was nun schon über einen Monat gehalten hat.

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  • alle Schrauben der vertikalen Riegel an der Türe unseres Ormocar-Aufbaus waren rausgerüttelt (die beiden Klappen mit horizontalen Riegeln haben dieses Problem nicht); ich habe sie jetzt (womit wohl …?) geklebt;
  • die Verriegelung der Auszugschublade unserer Kühlbox hielt den groben Rüttelpisten nicht zuverlässig stand; ein "on the road" gebastelter Mechanismus hat sich bisher bewährt.

Die aus der Erfahrung entstandenen Checklisten für pannenfreies Fahren habe ich kürzlich beschrieben und Beispiele gezeigt. Insgesamt heisst das Motto für viele Probleme, vor allem wenn etwas nicht mehr hält wie es soll:

“If you can’t fix it with Sikaflex, you haven’t used enough of it”

In diesem Faden hier werde ich in Zukunft weitere Pannen, Probleme oder Tipps publizieren, oder gerne auch Anregungen entgegennehmen oder Fragen beantworten.

Beste Grüsse aus dem australischen Norden
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oliver