Es ist keine Frage, dass es viele sinnlose Gesten - manche auch politisch missbraucht, oder leer - gibt.
Was sich aber in Frankreich gerade zeigt, ist das genaue Gegenteil! Es geht auch weit über die öffentlichen Signale bei Charlie Hebdo hinaus. Damals gab es nicht wenig Gegenwind und es schien vielen ein nur nationales Drama.

Am Freitag sind Menschen aus 19 Nationen blindwütig massakriert worden; Christen, Muslime, Gläubige, Ungläubige...

Wer gestern z.B. die landesweite Schweigeminute miterlebte, wird gespürt haben, dass es ab nun anders ist. Man kann das, trotz aller Medien, nicht unbedingt aus der Ferne begreifen. Oder vielleicht nur bei ausgeprägtem politisch/sozialen Gespür.

Auch der Congress-Akt in Versailles (ein extrem seltener Vorgang) hat eine durchaus historische Dimension. Jedes Volk braucht in Momenten wie diesen, die Demonstration von Geschlossenheit, zu der seit Urzeiten nicht ohne Grund eben Rituale gehören. Und der Einzelne, dessen Familie nun brutal dezimiert wurde, oder der vielleicht ab jetzt ein Invalide sein wird (selbst Ärzte, die im Afghanistan-Krieg gearbeitet haben, sprechen von bisher unvorstellbaren Verwundungen, zerfetzten Körpern in denen noch Leben war), kann so etwas psychisch nur überleben, wenn er Gemeinschaft spürt. (Dutzende Verletzte liegen - zwischen Leben und Tod - noch auf den Intensivstationen.)

Gestern Mittag gab es die landesweite Schweigeminute (auch ein Ritual). Im Anschluss daran hörte man im wichtigsten Radiosender Frankreichs einen Satz aus Beethovens "Trauermarsch". Vielleicht hat auch diese sehr spezielle Wahl der Musik etwas mit Europa zu tun.