Hallo Ozy

Ich bin auch Deiner Auffassung. Niemand ist resistent gegen die lokalen Krankheitserreger, und Reisemediziner sagen schon lange, dass über 90% der Reisekrankheiten von verunreinigtem Trinkwasser herrühren. Natürlich haben wir in Europa an praktisch allen Orten das Privileg, dass das Trinkwasser sicher ist. Aber das ist erstens auch nicht überall so, und wer Europa verlässt — war hier offenbar die wenigsten zu tun oder zu tun gedenken scheinen — dann muss man sich mit der lokalen Wasserqualität auseinandersetzen.

Auch wenn die Einheimischen sagen, das Trinkwasser sei sauber und sie würden es unbehandelt trinken, dann gilt das für alle Nicht-Einheimischen noch lange nicht. Zudem, und das wird oft verschwiegen, leiden die Einheimischen auch oft an Darmerkrankungen, die auf schlechtes Wasser zurückzuführen sind. Ich bin seit vier Monaten in Chile und Argentinien unterwegs — beides meist recht hoch entwickelte Länder (nach Südamerika-Standard), aber die Leute hier warnen ständig vor Wasser aus der Leitung und geben oft, wenn sie es sich leisten können, Geld aus für Flaschenwasser. Warum sie das Geld nicht in einen Filter investieren — die es hier zu kaufen gibt! — erschliesst sich mir nicht, denn der Filter würde sich innert Monaten amortisieren. Auf jeden Fall filtern wir hier alles Wasser, das wir trinken, mit dem wir Tee kochen (wir lassen das Wasser nämlich nicht 3 Minuten sieden, um Treibstoff zu sparen), mit dem wir Früchte waschen, etc. Und hatten über die Jahre in insgesamt 12 Monaten Südamerika erst einmal Darmprobleme (die wir uns in einem Restaurant eingefangen hatten).

Wenn Sepp mit einem Taschenfilter sein Zähneputzwasser behandelt, dann ist damit nicht viel gewonnen, denn ich nehme an, auch Sepp spuckt es wieder aus …

Ein Problem des Nicht-Behandelns des Trinkwassers ist, dass es Keime enthalten kann, die uns flachlegen. Ein anderes Problem ist, dass sich im unbehandelten Trinkwasser die Keime mit steigender Temperatur immer schneller vermehren. Letztlich ist es ein Zahlenkrieg: mit wie vielen Bakterien kann mein Immunsystem fertigwerden … und wann kippt es. In warmen Ländern ist es nicht ungewöhnlich, dass das Wasser im Wassertank 30°C erreicht: ein wunderbares Biotop für Bakterien! Aus diesem Grund filtern wir, wie vorerwähnt, das Trinkwasser beim Füllen des Tanks. Wir verbrauchen den Tankinhalt in 5-8 Tagen. Vorzugsweise füllen wir, wenn er ziemlich leer ist und kippen das noch vorhandene Wasser aus, um allfällige Keime doch noch loszuwerden, bevor sie sich weiter vermehren. Das hat sich bisher bewährt.

Natürlich reicht es aus, das Wasser bei der Entnahme zu filtern. Aber dann setzt ein feinporiger Filter, wie er für die Entfernung der Bakterien notwendig ist, schneller zu, weil sich innerhalb von Tagen an den Wänden von Tanks und Leitungen ein Schleim bildet, der sich auch im Filter absetzt. Ich will hier nicht einen auf Panik machen, aber wenn sowohl der Trinkwassertank wie alle Leitungen transparent wären, dann kämen manch einem Zweifel, ob er das Trinkwasser nicht doch besser behandelt lagern sollte. Aus diesem Grund plädiere ich auch für getrennte Trinkwasser- und Brauchwassertanks.

Hat man sich für einen einzigen Tank entschieden, dann ist Brownies Lösung mit zwei separaten Wasserhähnen für gefiltertes und ungefiltertes Wasser (die viele andere auch umgesetzt haben) gut, weil sie, wie von ihr erwähnt, die Standzeit des Filters verlängert. Aber unbehandeltes Wasser trinken, finde ich, ist ein zu grosses Risiko (Risiko = Eintretenswahrscheinlichkeit x Umfang des Schadens). Ich, für meinen Teil, verbringe meine Reisezeit lieber draussen als auf der Toilette oder im Bett.

Liebe Grüsse
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oliver