Cartagena ist in der Tat etwas komplizierter als andere Häfen. Das hat vor allem damit zu tun, dass (mutmasslich) immer noch ein grosser Teil der in Kolumbien produzierten Drogen über Cartagena das Land verlässt. Wir haben November bis Januar drei Monate in Kolumbien verbracht und dann unser Auto von Cartagena nach Basel verschifft, im Container natürlich. Schon der Zutritt zum Hafengelände ist kompliziert. Pro Fahrzeug (wir waren 2) erhält nur der Fahrer Zutritt, sogar unser Agent musste draussen bleiben. Dafür wurden wir drinnen von einer akkreditierten Begleiterin erwartet. An der Schrank mussten wir zudem ein Dokument (z.B. Führerausweis) abgeben, das wir erst wieder erhielten, als sie uns beim Verlassen mit der Security-Kamera erfasst hatten. Die Fahrzeuge mussten wir komplett ausräumen, danach gab es eine Detailinspektion der Polizei, dann kam noch der Drogenhund. Der Container wurde neben der üblichen Plombe noch mit einer zweiten Plombe der Polizei versehen. Letzteres hat den Vorteil, dass die Polizei dadurch ihr Siegel gibt, dass die Fahrzeuge im Container zum Verladezeitpunkt keine unerlaubten Waren enthalten. Dabei waren sie nicht pingelig, haben einfach gründlich kontrolliert: die verschweissten Plastiktüten mit panela (handwerklich hergestellter Rohzucker) oder die bocadillos (Guave-Gelée-Stücke) wurden nach einer Kostprobe freigegeben (der Polizist hat dabei nicht einmal das kleine Gelée-Stück fertiggegessen, um nicht etwa in den Verdacht zu kommen, er kontrolliere des Genusses wegen).
Insgesamt wurden die Formalitäten von allen Seiten sehr ernst genommen und auch gewissenhaft ausgeführt. Schikanen gabs dabei m.E. keine (andernorts aber sehr wohl).

In Südamerika liegen aber generell der offizielle Prozess und das, was tatsächlich gelebt wird, oft weit auseinander. Grundsätzlich gilt, dass man "Respektspersonen" auch mit Respekt begegnet. Die teilweise herablassende Erstwelt-Haltung von Reisenden kommt u.U. ganz schlecht an und wird sofort sanktioniert, was sich in Wartezeiten, erklärter Nicht-Zuständigkeit, speziell genauer Kontrolle, etc. ausdrückt. Grundsätzlich gilt, dass man Polizisten, Zollbeamten, Militär, etc. zunächst einmal freundlich grüsst und ihnen nicht "knurrig" begegnet. Dann sagt man bei jedem Ding, das die sehen wollen, "natürlich, sofort, kein Thema" — gibt und zeigt ihnen dann aber nur das, was man geben oder zeigen will und steht seinen Mann. Immer freundlich aber bestimmt und beharrlich. An unseren Fahrzeugen sind die immer seeehr interessiert, und führen Kontrollen oft nur durch, um einfach einen Blick ins Innere zu erwirken. Haben sie das aber einmal gekriegt, dann plaudert man ein wenig mit ihnen und lenkt das Gespräch in andere Bahnen … und schon haben sie "vergessen", was sie noch alles kontrollieren wollten. Dass man dabei alle Wertgegenstände, Kameras, Laptops, iPads, etc. ausser Sicht verstaut, ist selbstredend, denn man will auf keinen Fall Begehrlichkeiten wecken.

Dasselbe gilt auch beim Hafen- oder Verladepersonal. Haben diese erst einmal das Vertrauen gewonnen, dass der Ausländer mit ihnen grundsätzlich zusammenspielt, dann biegen sie plötzlich auch die Regeln, und man kann das Areal ohne Sicherheitsschuhe betreten; das Auto selbst aus dem Container fahren; die Ehefrau auch aufs Gelände nehmen; den Stapler benutzen, um die Containerräder zu demontieren, etc. Kurz: die Leute wollen eben auch mit Respekt behandelt und nicht angeschnautzt werden. Unsicherheit mit lauter Stimme zu überdecken, ist oft kontraproduktiv. Das gilt — und das sage ich jetzt als Schweizer, und man möge es mir verzeihen — vor allem für Deutsche und US-Amerikaner.

Was will ich damit sagen? — Ich würde diese Gasflaschen (leer und mit geöffnetem Ventil) beim Verladen an einem andern Ort (und unsichtbar!) verstauen und bei Seabridge nicht deklarieren. Die Chancen stehen m.E. extrem gut, dass auf der kolumbianischen Seite niemand von diesem "Einfuhrverbot" resp. von der entsprechenden Bewilligungspflicht weiss, und dass es keine spezifische Kontrolle gibt. Die Kolumbianer haben ein — für unser Verständnis unverantwortlich — laxes Gefahrenbewusstsein (das werdet Ihr selbst noch erleben). Dort wird sich niemand an einer Gasflasche stören. Falls sich wider erwarten doch jemand zu Wort meldet, dann spielst Du das Problem ganz freundlich aber bestimmt und beharrlich (siehe oben) herunter («wo ist denn da das Problem», «die Ventile sind ja geöffnet», «zeige mir doch, wie diese Gasflasche anders ist als Eure», etc.), bis es ihnen verleidet. Aber dabei immer hoch anständig und freundlich bleiben.

Beste Grüsse
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oliver