Original geschrieben von fishermans-end
Kurzes OT zum Thema Pulverlack:

Was spricht gegen Pulverbeschichten ? Fahrgestelle von Nutzfahrzeugen und Landmaschinen sind heute alle gepulvert.
Das ist Stand der Technik. Pulverlack ist Nasslack im Bereich Mechanischer Beanspruchung weit überlegen.
hier muss ich als gelernter lacklaborant (entwicklung von lacken, ob nass- oder pulverlack), und beruflich noch immer im bereich lack tätig, korrigieren.

man darf im lackbereich (oder generell) nicht pauschalisieren. für jeden erdenkichen anwendungszweck gibt es ein passendes lacksystem (egal ob pulverlack oder nasslack, hier noch zu unterscheiden: lösemittel- oder wasserbasis). möchte ich steinschlagschutz, bekomme ich dafür bspw. einen 1K- lack (flexibilität). möchte ich korrosionsschutz, bekomme ich dafür bspw. einen 2K epoxy- lack. möchte ich lichtbeständigkeit bekomme ich bspw. einen 2K acrylat- lack.
und wie man es sich schon denken kann: die eierlegende- woll-milch-sau gibt es im lackbereich leider nicht.


pulverlack an einem G rahmen sehe ich kritisch.
grund: pulverlack wird elektrostatisch appliziert (druckluft/ sprühen). durch einige verwinkelungen am rahmen/ anbauteilen, kann es zu faradayschen- käfigen kommen, wodurch an diesen stellen gar kein pulverlack ist. da hilft auch die vorgeschaltete phosphatierung (beim pulverlack (bzw, lohnlackierern, zu welchem man als otto- normalo gehen müsste) oftmals die schwächere eisen- phosphatierung, anstelle der stärkeren zink- phosphatierung) nicht viel.
man könnte diese thematik auch lösen, indem man den rahmen vor der lackierung durch den ofen fährt, in welchem er anschließend eingebrannt wird (temperatur ab 140-180grad glaube ich beim pulver, je nach lacksystem/ hersteller). somit hätte der rahmen die temperatur, welche nötig ist um die reaktion des pulverlackes zu starten. dann taucht man den aufgeheizten rahmen in das pulver ein (verfahren nennt sich glaube ich wirbelsinter-verfahren). das ganze passiert, soweit ich mich noch daran erinnere, ohne elektrostatik, sodass faradaysche käfige nicht entstehen und fast alle bereiche des rahmens erreicht werden. in die hohlräume wird jedoch, theoretisch, nicht viel einströmen können, da der tauchvorgang zeitlich abgetaktet sein muss, da sonst die schichtdicke zu hoch werden könnte, was im späteren verwendungszweck zu problemen führen kann.

was man auch nicht vergessen darf: OEM´s, die ausschließlich rahmen/ fahrwerksteile für die automobilindustrie lackieren (mal bezogen auf den pulverlack), haben dafür von einem lackhersteller speziellen (auf die anforderungen zugeschnittenen/ entwickelten), freigegebenen, pulverlack im einsatz. ein lohnlackierer, zu dem man als einzelne privatperson gehen müsste, bekommt diese lacke nur sehr schwer, oder zum teil gar nicht. solche betriebe haben dann "standartlacke" (grundierung, decklack, klarlack, etc.) im einsatz, da man sich auch farbwechsel sparen, bzw. so gering wie möglich halten möchte. es ist nicht wirtschaftlich für jeden hans- wurst, alle 20minuten einen farb- bzw. lackwechsel auf der anlage durchzuführen, auch wenn das beim pulverlackieren erheblich einfacher/ schneller geht, als im nasslack bereich. auch das lacklager müsste entsprechende dimensioniert sein, um die vielen verschiedenen lacktypen und entsprechende mengen lagern zu können. dann geht es weiter mit der haltbarkeit der lacke, die auch nicht ewig ist, also müsste der betrieb dafür sorgen, dass eine entsprechende menge X an lack in einer gewissen zeit Y verarbeitet wird. ich denke nicht, dass jeder pulverlackbetrieb sich ausschließlich auf die automobilindustrie eingeschworen hat und nur darauf wartet (G) rahmen zu pulvern. der pulverlackbetrieb bei mir in der nähe macht alles, von dem könnte ich also nicht erwarten, dass er mir einen rahmen in "automobilqualität" pulvert (bezogen auf die lackqualität).


für einen gebrauchten G rahmen, kann man sich, meiner meinung nach, solch großen aufwand sparen und den rahmen klassisch lackieren lassen (2K epoxy als grundierung mindestens, da epoxy einfach die stärksten korrosionsschutzeigenschaften mit sich bringt, im verglich zu allen anderen harzen/ bindemitteln für lacke). zuvor natürlich noch strahlen lassen.
in die hohlräume kommt man sowieso nicht rein, um dort vorhandenen lack und/ oder rost ordentlich zu entfernen, jedenfalls kenne ich keine betriebe, die soetwas anbieten. man müsste chemisch entlacken, dann chemisch entrosten, vorbehandeln (phosphatieren) und eben lackieren (KTL). das wäre nicht wirtschaftlich, da man dafür sorge tragen muss, dass beim chemischen entlacken und entrosten, alle eingesetzten mittel gründlich aus den hohlräumen wieder abfließen, bzw. ausgespült werden und keine rückstände (salze) verbleiben. also kann amn die hohlräume nur später mit entsprechenden mitteln konservieren. das kann ich mir betriebswirtschaftlich nicht vorstellen. neukaufen ist da günstiger.


was man grundsätzlich/ pauschal beim thema lack sagen kann:
man sollte sich immer an die vom hersteller vorgegebenen daten (schichtdicke, verarbeitung, etc.) halten, um ein optimales ergebnis zu erzielen. wenn in einem arbeitsgang 100µm trockenschicht gefordert sind, macht es keinen sinn 200µm aufzutragen, um sich den zweiten auftrag, bzw. das zwischentrocknen der ersten lackschicht, zu sparen. lufteinschlüsse/ unzureichende entlüftung/ entschäumung in der lackschicht kann die folge sein, was einen schlechteren korrosionsschutz zur folge haben kann. trocknungszeiten würden erheblich länger dauern, die haftung zum substrat/ untergrund kann sich verschlechtern.
mehrere dünne schichten auftragen, schön trocknen lassen (bezogen auf eine anwendung von uns foristen daheim in der garage/ im keller) ist immer gut.


soviel zu dem tehma. bevor ich noch länger an dem beitrag sitze und mich in rage- schreibe, lasse ich es lieber. grin das thema lack im allgemeinen ist wirklich umfangreich und nicht so einfach verständlich niederzuschreiben.
man stelle sich vor, dass es umfangreiche fachlektüre, und vorträge nur über ein pigment (TiO2), das pigment schlechthin, wenn man auf "weiß" steht, gibt.


hut ab an den, der sich alles durchgelesen hat. wink
vielleicht war es für den ein oder anderen ganz informativ.

grüße mathias


"Der gute Geländefahrer fährt langsam durch unbekanntes Gelände. Unerwartete Hindernisse lassen sich leichter erkennen und bewältigen. Durch falsches Fahrverhalten entstandene Schäden können einen langen Fussmarsch zur Folge haben."