Ciao Roland
Original geschrieben von RolandThalia
ich bereite mich gerade für den Kauf von 200Amp Zellen im Bausatz vor. Wie schon geschrieben ist mir dieser Bausatz (Firma wurde von euch auf Bremach Reisemobile verlinkt) aufgefallen:
EV Power 200amp LiFi Bausatz
Frage: Gibt es hier technisch was zu bemängeln bei den elektronischen Komponenten? Die Zellen sind ja Standard.
Wie ist der Bausatz von den Komponenten im Vergleich zum Nothnagel Bausatz zu bewerten?
Nothnagel 200amp LiFi Bausatz
Das Kit von EV-Power ist kein Komplettsystem wie das von Nothnagel. Inbegriffen ist ein BMS mit vielen Komfortfunktionen (inkl. Messung der Ströme sowie eine Smartphone App, die über Bluetooth alle Arten von Informationen über den Akku, den Verbrauch, etc. anzeigt). Was fehlt, ist die Unterbrechung des Entnahmestroms, wenn der Akku zu stark entladen wird, resp. die Unterbrechung des Ladestroms, wenn der Akku zu stark aufgeladen wird. Das «SmartBMS» kann diese beiden Zustände erkennen und auseinanderhalten. Letzteres ist ein zusätzlicher Komfort, weil sich ein zu stark entladenes System dann selbstständig erholt, sobald es aufgeladen wird, ohne dass man eingreifen muss. Und natürlich funktioniert dies auch umgekehrt: ein überladener Akku (= Ladestrom unterbrochen) erholt sich, sobald genügend Strom entnommen wurde (= Entladestrom nicht unterbrochen), und bald wird der Ladestrom (z.B. vom Solarpanel) automatisch wieder eingeschaltet.

Die Nothnagel-Konfiguration kann den Lade- resp. Entladestrom bis 250 A unterbrechen und ist in diesem Sinn ein komplettes System. Der Stromverbrauch für das Relais von 1.5 mA ist ein sehr guter Wert. Was diese Konfiguration nicht kann, ist, den Lade- resp. den Entladestrom getrennt schalten. D.h. das BMS unterbricht einfach die (einzige) Stromleitung zum Akku, falls Zellspannungen zu tief oder zu hoch sind. Wie man aus diesem Zustand wieder rauskommt, ist nicht beschrieben — muss man über eine zweite, nicht unterbrochene Stromleitung laden resp. entladen? Und muss nun man laden oder entladen? Wenn man dann das falsche tut, nimmt die Batterie Schaden. Und das verwendete BMS kann auch keine Messwerte liefern (auch nicht über eine Bluetooth App).

Insofern ist die EV-Power-Konfiguration die funktionell überlegene, aber Du musst selbst eine Lösung finden, die Ströme im Grenzfall zu schalten. Ich habe auf bremach-reisemobile.org eine Lösung mit MOSFET-Leistungstransistoren vorgeschlagen, die noch viel weniger als 1.5mA verbrauchen. Aber da muss man halt eine Platine löten. Ich schalte damit bis 40 A. Doch um 250 A schalten zu können, müssen mehrere Transistoren parallel und massivere Kühlbleche verwendet werden. Zudem reicht dann eine mit Lötzinn "verstärkte" Leiterbahn auf der Platine nicht mehr aus, um 250 A zu leiten. Dafür habe ich im Moment keine fertige Lösung, ist aber machbar und billig (1 MOSFET-Transistor ist um die 5 Euro und man wird z.B. 6 oder 8 davon benötigen).

Der langen Rede kurzer Sinn: das Nothnagelsystem kannst Du anschliessen und gut ist. Es lohnt sich aber sicher, in Erfahrung zu bringen, wie man das System wieder aus dem "Strom unterbrochen"-Zustand herauskriegt.
Das «SmartBMS»-basierte System ist technologisch überlegen, aber man muss noch eine Lösung zum Schalten des Stroms einbauen. Einfach zwei 12-Volt-Relais, die je z.B. 100 A schalten können, einzubauen, ist nicht zielführend, weil solche Relais meist einen Strombedarf von mehreren 100 mA haben. Kann auch mal ein halbes Ampère sein: zwei davon ziehen dann 1 A — und ein 100-Ah-Akku ist in ca. 4 Tagen aufgrund des Eigenverbrauchs des Systems leer … Am besten verwendet man dazu zwei der von Nothnagel verwendeten, relativ teuren Relais. Diese Relais sind im Handel erhältlich. Diese Lösung scheint mir auf den ersten Blick viel billiger als die Nothnagel-Lösung, den man vergesse nicht: das EV-Power-Angebot basiert auf Zellen zu 200 Ah nicht nur 100 Ah.

Beste Grüsse
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oliver