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«In Wirklichkeit ist die Frage nach der Organspende aber keine Frage nach dem Tod. Sie ist eine Frage nach dem Leben», schrieb hier jemand. Man kann diese Aussage sehr schluessig finden. Mir scheint jedoch, dass sie - eher unbewusst - genau die ungeloeste Problematik aufzeigt. Und dies deshalb, weil sie ein Denkschema verlaengert, welches nur etwas ueber unsere aktuelle (!) Kultur aussagt, also zeitgebunden ist!
Der Gedanke, einem wartenden Empfaenger zum Weiterleben zu verhelfen, ist nicht nur nahtlos in allen Beitraegen akzeptiert, er wird offensichtlich auch als ethisch hochstehend empfunden. Wesentlich beilaeufiger wird aber die Entitaet des potentiellen Spenders behandelt. Scheint ja auch logisch, denn sein Dasein ist abgeschlossen - er ist nun gerade noch Material. Wir projezieren also hier (willkuerlich?) einen klaren Endpunkt. Sein Material dient aber doch nun, in der Transplantation, einem leidenden Menschen zur «Reparatur» des kranken, funktionsuntuechtigen, Materials. Wir muessten uns deshalb in einem sehr kleinen materiellen Kreislauf bewegen, wuerden wir nicht dem «Wert» des Lebens eine uebergeordnete Bedeutung beimessen, der diesen engen Kreis ueberschreitet.
Essen, trinken, fortpflanzen, gelaendefahren usw. - ist es das? Die oben gestellte Frage sollte also die Frage nach dem Wert (besser dem Sinn) einschliessen. - Unsere Lebenserwartung geht bisher stetig nach oben - mit dem futuristischen Gedanken, kuenftig vielleicht moeglicher Unsterblichkeit! Es ist unausweichlich, dass damit auch die Frage nach dem Wert (Sinn) des Lebens voellig neu gestellt wird, heute schon! (Ganz unabhaengig davon, dass wir eben heute noch nicht unsterblich sind.) Wir ahnen eigentlich recht deutlich, dass Leben sich in Wahrheit nicht - wie unsere Kultur es noch tut - mit der Negation des Todes definieren laesst. Wir koennen nur verdraengen, dass es sich um zwei zusammenhaengende Bezugspunkte handelt, die sich nicht trennen lassen. (Nicht ohne Grund werden die rein biologischen Fragen nach dem Beginn des Lebens und seinem Ende - z.B. klinischer Tod - je nach Kultur kontrovers diskutiert.) Diese Fragen leben mit uns, seit wir als Wesen existieren, die versuchen, die Natur zu erkennen, die zu den Sternen schauen und dabei zwischen Verlieren und Finden pendeln! Das ist und war so - vom steinzeitlichen Neuguinea bis zur agyptischen Hochkultur, die als vielleicht konsequenteste Kultur des Todes in die Geschichte einging. Auf der Suche nach Erkenntnis ueber vergangene Kulturen, sucht die Forschung immer nach Bestattungsriten. Das Wissen ueber den Umgang mit dem Tod sagt viel aus, ueber die Einstellung einer Kultur zum Leben! Gilt auch heute noch mehr, als man sich eingestehen will. Es gibt arme Laender, da begegnet man Kindern und Frauen mit einer enormen Narbe in der Nierengegend. Sie haben ein paar hundert Dollar bekommen - der Empfaenger bezahlt bis zu 40 000 fuer das Organ!
Die einst hochfliegenden Hoffnungen auf ein kuenstliches Herz haben sich (noch) nicht erfuellt. Wir leben inzwischen in einer Uebergangsphase mit enormer Dynamik, vielleicht bringt deshalb in absehbarer Zeit die Gentechnik neue Moeglichkeiten, durch die Organspenden ueberfluessig werden. Bis dahin kann der Spenderausweis ueberbruecken.
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wilfried
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