Der Aufstieg zum Sattel hatte ja dann auch die passende Erklärung für die Einschränkung geliefert; ganz viele eng beieinander stehende Bäume machen ein Weiterkommen richtig schwierig und es muss so mancher Kratzer am Wohnkoffer in Kauf genommen werden...aber den wahren Offroadadventurer hält so was natürlich nicht auf und er sieht sich in seinem Vorhabren bestärkt...und Kratzer geben den Ganzen ja schliesslich erst einen unverkennbaren Charakter..
Modernste GPS- Navigation macht es möglich; ich sehe auf meinem Laptop mit den OSM-Karten nun ganz genau, dass ich nur noch wenige hundert Meter fahren muss um die von der Pistenkuh vorgeschlagene Route zu kreuzen..Weicheier!..Süsswasserkapitäne!.. dachte ich's mir doch...der dicke Fels davorne und die Schräglage dahinter?..pah!...mich und meinen superkrassen Offroadtruck hält nix auf!....ok, leiche Feindberührung mit dem Felsen...ging aber doch nochmals gut und fette Kratzer in den Reifen sehen schliesslich immer gut aus und eben; der Charakter....oh! fuck!..was passiert jetzt?!?..ohfuckohfuckohfuckfuckfuck!!!..(Gefluche von mir, Geschrei von der Beifahrerseite)...der Arsch unseres 12Tonnen Benz rutscht langsam talwärts, der Laster steht übelst schief, die Summe meiner Konzentrationsfähigkeit scheint plötzlich unendlich viel zu klein für das korrekte Bedienen aller Pedale und Hebel bei gleichzeitiger Kontrolle über Schliessmuskel und Speiseröhre....ich verkrampfe einfach mal alles und auch der Laster scheint sich mit einem Krampf an der Kante der Piste fest zu krallen...meine Freundin klettert fluchtartig raus und ihr von der Piste zu mir gewendeter Blick signalisiert Panik, Verzweiflung und totales Unverständnis für meine Beklopptheit eine solche Piste fahren zu wollen, uns -aus Spass- in eine solche Situation gebracht zu haben...Scheisse Mann, dass ist jetzt wirklich ernst..das ist jetzt nicht Saverne wo man zur Not irgendeinen Guru findet der einen aus dem zu tiefen Schlammloch wieder rauszieht, den goldenen Tipp gibt, welches Knöpfchen noch für Vortrieb sorgen könnte oder ganz einfach beruhigt, dass DIESE Schräglage noch gar kein Problem darstellt...das ist eine echt lebensgefährliche Situation in die ich uns reingefahren habe...also zuerst mal Frau Hunde und Katz evakuieren (seeehr behutsam, nicht ruckartig bewegen, kleinstes Weiterrutschen vermeiden)...dann versuchen mit den in dieser Situation äusserst angepassten Flipflops (hatte irgendwie keine derartige Ueberraschung einkalkuliert) gegen die Schräglage, den Hang und das Gewicht der Fahrertüre aus dem Fahrerhaus zu klettern und das Schlamassel von aussen zu betrachten....er steht verdammt schräg und die paar Steinchen an denen er sich festkrallt sehen nach verdammt wenig aus...
Gute Schuhe? Arbeitskleidung?..alles in der Wohnkabine...die steht aber leider dank flexibler 3-Punkt-Lagerung noch etwas schiefer als der Rest und deren Türe öffnet sich mit dem Hang und da steige ich jetzt gaaaaaanz bestimmt nicht rein!!!!
Also mit den Flipflops im Steilhang um's Auto rumkraxeln..super..echt!..Lösung?...>Error...ich habe keine Ahnung, keinen Plan und leichte Panik, versuche aber gegenüber meiner Freundin irgend etwas ähnliches wie Zuversicht auszustrahlen...langsam kommen die ersten Kinder, welche aus dem Tal den Hang hochkraxeln, beim LKW an, zahllose weitere werden folgen...
Comment ca va?...oooch..einfach blendent, sieht man doch...
Donne mois Cadeaux?!...ach ja klar, was darf's denn bitteschön sein?...
Donne mois dhiram?!...seid ihr eigentlich total bescheuert?!!!...
Es werden immer mehr Kinder, unsere Hunde fangen an zu bellen, das Gejohle und Fordern nach Geschenken/Wasser/Essen/Kleider/Geld nimmt immer mehr zu, Kinder kraxeln um den furchtbar schräg stehenden LKW herum und ich werde langsam wahnsinnig...und verdammt..warum bin ich heute nach dem Frühstück nicht Scheissen gegangen?!..es wird mir furchtbar flauh in der Magengegend...
Endlich kommen erste Erwachsene..eine Frau erfasst die Situation relativ schnell, macht ein unmissverständliches Zeichen für Hilfe gegen Geld und ich willige sofort ein, da ich nicht einen geringsten Schimmer habe wie ich uns hier ohne gescheites Werkzeug und Pistenbaukenntnisse wieder heil rausbringen soll (natürlich habe ich Werkzeug; einen tollen 2KG Hammer zum Beispiel..und einen richtig supertollen 70Tonnen Bergegurt..ah und jede Menge Hebekissen..leider nicht in Keilform..und ausserdem alles in der Heckgarage und die steht.. auch schief)...wenig später kommt ihr knapp 70jährige Mann und fängt sofort an unterhalb der abgerutschten Rades ein neues Trasse anzulegen...er spricht so gut wie kein Französich, aber das scheint auch irgendwie momentan nicht von Nöten und sein Handeln wirkt überlegt und kompetent..auch die Frau hilt tatkräftig mit und schleppt Stein um Stein an, während wir versuchen den bettelnden Mob zu beruhigen was unendlich anstrengend ist....
Aufgrund dessen was ich sehe, beschliesse ich zu versuchen, den LKW vorwärts zu bergen...in der Hoffnung, dass das was vor uns liege möge weniger schlimm zu fahren sein, als rückwärts aus dem Loch und wieder an dem dicken Felsen vorbei...heute weiss ich, dass diese Entscheidung falsch war...
Irgendwann ist das Nottrasse fertig, ein weiterer älterer Hirte ist dazugestossen und mit seiner zusätzlichen Hilfe durch Fahran- und Kinderzurückweisungen schaffe ich es mit stillstehendem Herzen den LKW wieder mit allen 4 Rädern auf die Piste zu bringen...überglücklich entlöhnen wir unsere Helfer recht grosszügig und vereinbaren, dass beide uns bis zum Ende des schwierigen Streckenabschnittes begleiten sollen...damit fängt der Krimi erst richtig an...
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http://www.allrad-lkw-gemeinschaft.de/phpBB3/viewtopic.php?p=388863#p388863 )
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Ich bin vielleicht einzig stolz darauf, dass ich nicht bei der erstbesten Gelegenheit das Weite gesucht habe und Freundin, Hund, Katz und LKW einfach habe stehen lassen. Ich bin nicht stolz darauf, dass ich diese Piste "befahren" konnte, denn das konnte ich ja eben nicht. Es ist mir im Gegenteil peinlich, dass ich als "Spasstourist" das Leben meiner Reisebegleiter, das der Helfer, mein eigenes sowie meinen Laster riskiert habe..und das aus Leichtsinn und Abenteuerlust.
Ich rate absolut jedem Fahrer eines LKW-grossen Fahrzeuges diese Piste zu meiden...es waren meines Erachtens nach Glück und primär das Können meiner Helfer, welche uns schlussendlich heil aus dem Cirq hinaus gebracht haben!
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http://www.allrad-lkw-gemeinschaft.de/phpBB3/viewtopic.php?p=388884#p388884 )