Macht Angst, aber was sagt dieses lange Interview eigentlich an Neuigkeiten aus? Hier werden doch nur wieder Tatsachen (und ideologische Vorstellungen) zu einem Buendel geschnuert, dessen Schwerpunkt noch eine weitere konventionelle Marktanalyse ist. Der «Markt», also das System, wird dabei nicht in Frage gestellt, es werden nur die bekannten Gefahren beschworen und wenn verstohlen auf den eigentlich entscheidenden Faktor POLITIK hingewiesen wird, dann so: «Die haben ihre Hausaufgaben immer noch nicht gemacht. All die Rettungsschirme, die da sind, sind dafür viel zu klein. Da kommt möglicherweise bald eine neue Krise auf uns zu.» Was soll denn hier der Hinweis auf eine «neue Krise», wenn doch die gesamte Aussage darauf abhebt, wir seien noch voll in der alten?
Es ist schon sehr erstaunlich, hier ein so demagogisches Statement zu lesen: « In Paris regiert hochsozialistisches Gedankengut, in Berlin halbsozialistisches. Wenn diese Allianz nicht mehr funktioniert, dann bedeutet das eine Schwächung Europas. Dann gibt es keine Führung mehr in Europa, weil Deutschland allein aus historischen Gründen nicht die Führung übernehmen kann, die es kraft seiner Volkswirtschaft eigentlich übernehmen müsste.»
Wo in aller Welt regiert denn in Paris «hochsozialistisches Gedankengut»? Das Land hatte in zehn Sarkozy-Jahren (als Budgetminister und Praesident) 600 Milliarden € neue Schulden angehaeuft; viele kleine und mittelstaendische Firmen waren dicht vor dem Ende und nun bringt jeder Tag seit Jahresbeginn ca. 1200 neue Arbeitslose! Wenn sich heute viele ehemalige Waehler von Hollande abwenden, dann, weil er eben - entgegen seinen Versprechungen - keine sozialistische Politik macht, sondern die seines buergerlichen Vorgaengers fortfuehrt.
Dieser Schweizer Unternehmer ist sicher in seiner Bestandsaufnahme ein kluger Mann, aber seine Ratschlaege bringen nicht sehr viel weiter. «Man spuert die Absicht und ist verstimmt» , moechte man sagen, wenn der Mann - er ist nun mal Vermoegensmanager ( grin ) - Fonds deutlich aus seinem Horrorszenario ausnimmt:
«Obwohl man es nicht ausschließen kann, wäre ich überrascht, wenn es bei diesen Turbulenzen einen großen Hedgefonds zerreiben würde. Seit 2008 hat die Hedgefonds-Branche ihr Risikomanagement stark professionalisiert. Mit einem allzu großen Kredithebel wird heute nicht mehr gearbeitet. So schnell wie früher wird nicht mehr aus der Hüfte geschossen.» Also doch noch rettende Inseln in der Apokalypse?
Was er dann ueber Singapur sagt, gilt doch fuer fast alle sogenannten Investitionshaefen: «Das Land war auch sehr gefragt bei Investoren, die ihr Geld in Sicherheit bringen und eine sichere Währung suchten. Die haben viel Kapital nach Singapur getragen, könnten es aber schnell wieder abziehen.... Der Singapur-Dollar bewegt sich bereits nach unten, aber die großen Bewegungen stehen noch bevor.» Ja, die Welt bewegt sich! Der Mann sagt auch keinen Absturz voraus, sondern «Bewegungen» (Plural!), die also in beide Richtungen gehen koennen. smile
Aehnlich vieldeutig zu China: «Die wohlhabenden Chinesen dürfen ohne Sondergenehmigung kein Geld ins Ausland abführen. Und weil im Inland die Aktienmärkte nicht laufen, weil die Gewinne der Aktiengesellschaften unter Druck sind, bleibt den Chinesen fast nur noch der Immobilienmarkt.» Und gleich darauf: «Nun, der Konsum ist jetzt wahrscheinlich noch das beste Segment in China, dank der kräftigen Lohnsteigerungen. Der chinesische Konsument hat schon noch Geld und kauft solange weiter bis Entlassungen kommen und Unternehmen schließen.»
Am Meisten aber verblueffen solche Aussagen: «Für eine moderate Rendite, dafür aber relativ geringe Schwankungen mit möglichst wenigen scharfen Kursrückgängen müsste gesorgt werden. Das kann man wiederum nur erreichen, wenn man sich außerordentlich opportunistisch verhält mit aktiver Long- und Short-Positionierung...

(...also auf steigende und auf fallende Kurse setzen...?)

Weil Margen und Gewinne in allen Regionen der Welt unter Druck kommen, werden auch die Aktienkurse fallen. In den vergangenen Jahren hieß es ja immer, man solle Aktien kaufen, weil Bonds zu teuer seien, man die also nicht mehr kaufen könne. Da ist natürlich was dran. Aber jetzt kommt die Frage: Wenn die Gewinne fallen, will ich dann immer noch Aktien haben? Die letzten Wochen zeigen, dass das eigentlich nicht der Fall ist. Aktien bleiben zunächst unter Druck.
(Und auf lange Sicht?)

Felix Zulauf: Da werden Aktien wahrscheinlich die besten Instrumente sein, mit denen man in den nächsten Jahren operieren kann. Aber man kann nicht einfach kaufen, herumsitzen und glauben, man werde so wohlhabend. Diese Zeiten sind vorbei. Man muss sein Portfolio bewirtschaften...
Man muss kaufen, um verkaufen zu können und man muss verkaufen, um nachher wieder kaufen zu können.»

Tja, wer haette das gedacht?! lmao
Aber Bangemachen gilt nicht, wenn Rettung naht:

Felix Zulauf: Wir gehen natürlich auch an der Wand entlang. Wir analysieren die Welt, stellen eine These auf und investieren entsprechend. Aber wir sind keine Dogmatiker, wir bewirtschaften das Risiko laufend. Für Anleger, seien es private oder institutionelle, die das nicht können, werden die nächsten Jahre sehr enttäuschend verlaufen.

Und besonders klar wird es dann zum Schluss: «Zur Kasse gebeten werden letztlich die Leistungsträger der Gesellschaft, also jene, die unternehmerisches Risiko eingegangen sind, Arbeitsplätze und Wohlstand geschaffen haben. Wollen Sie, dass niemand mehr diesen Weg einschlägt; dass jeder sich lieber als Staatsbeamter durchs Leben schlägt? Ist das die Lösung? Das ist nicht meine Meinung, aber es ist die populistische Antwort. Und da wir in populistischen Zeiten leben, fürchte ich, dass es genau diese Antwort geben wird.»

Jetzt moechte ich Beamter werden - bitte und schnell!! whistle2