Rainforest Challenge 2000

Hallo viermalvierer,
anbei ein Augenzeugenbericht der RFC 2000

Von Stefan Thiele
Stefan Thiele Rainforest Chalange 2000

„Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“; warnt das Unterbewusstsein, und jetzt bin ich im tiefen Dschungel von schlammverkrusteten Gestalten umgeben, die ihre Gefährte durch den zähen Morast einer breiten Schlammlawine winchen. Ich begleite die „Rainforest Challenge 2000″, weltweit die härteste Ausdauer-Veranstaltung für Geländeautos und gedacht für Leute, die wirklich extreme Fahrbedingungen suchen und bereit sind, sich und ihre Fahrzeuge bis aufs äußerste zu belasten.


Eine malaysische Motorsportorganisation veranstaltet diesen internationalen Wettbewerb nun schon zum vierten Mal und jedes Jahr nimmt die Zahl der Teilnehmer rapide zu. Diesmal sind es mehr als 80 Fahrzeuge mit Teilnehmern, Scouts, Offiziellen und Pressevertretern aus insgesamt 13 Ländern, die sich knapp zwei Wochen lang über 800 km durch den malaysischen Regenwald kämpfen.

Dabei bewegen sich die allesamt höhergelegten und mit allergröbsten Reifenprofilierungen versehenen Fahrzeuge auf den uralten Pfaden der Holzfäller, die es in der Zeit unter der englischen Kolonialherrschaft schon fast geschafft hatten, diesen einmaligen Lebensraum durch Abholzung dauerhaft zu zerstören. Die ausgefahrenen Wege sind eigentlich kaum ein Problem, wäre da nicht die spezielle Jahreszeit: Im November ist Monsun-Zeit und dieses Jahr kommt es ganz dick: Schon einige Tage vor dem offiziellen Beginn der Veranstaltung öffnen sich die Himmelsschleusen und besonders die Ostprovinz der malaysischen Halbinsel, inklusive dem Zielort Kuala Terengganu versinken unter wahrhaft biblischen Wassermassen.

Der tropische Dauerregen erzwingt schon am ersten Tag eine Änderung der geplanten Fahrtroute: Wir werden durch die Cameron Highlands, berühmt als Mekka für Liebhaber antiker Land-Rover zu unserem eigentlichen Startpunkt in den Regenwald umgeleitet.

Dort fängt sofort die Schlammschlacht an. Bodenlose, zähe Pampe behindert unser Fortkommen. Schnell wird die Gruppe auseinandergezogen. Die Presseleute haben ihren eigenen Mini-Konvoi gebildet, der aus 5 Fahrzeugen des malaysischen Land Rover Clubs besteht. Eingepfercht zwischen Menschen und Gepäckstücken sitze ich im ältesten Fahrzeug der Gruppe, einem wind und wetter-gegerbten LR 109 Serie IIa von 1964 mit Nissan 6-Zylinder Dieselmotor. Das charaktervolle Fahrzeug hört auf den Namen „Old Man“ und hat bisher schon alle „Challenges“ ohne Probleme mitgemacht. Besonderes Merkmal dieses und der übrigen Serie III „Landy-Schätzchen“ sind Portalachsen aus dem in Malaysien bei der Armee eingesetzten Volvo Lappländer-Geländewagen. Vakuum-unterstützte Achs-Differentialsperren, mechanische PTO-Winden und grobstollige Simex Jungle-Trekker Reifen sind weitere Kennzeichen der äußerlich eher harmlos anmutenden Geländefahrzeuge. Vicky, der Präsident des LR-Clubs in Kuala Lumpur erklärt, dass alle Fahrzeuge speziell für die Bedingungen im Regenwald ausgerüstet sind und sich trotz ihres Alters bestens bewährt haben.

Die routiniert-lässige Art, wie Fahrer Shah seine rollende Antiquität durch jedes noch so tiefe Loch hindurchbugsiert, ist für mich vertrauensbildend, was uns jedoch nicht von tatkräftiger Hilfe beim schieben, ziehen, winchen und graben entbindet. Bald schon schließt sich die grüne Hölle um uns und der Dschungel wird begreifbar: Da ist die schwüle Hitze, die körperliche Anstrengung beim Instandsetzen weggeschwemmter Brücken, der unvermittelt einsetzende Regen, der Dreck auf der eigenen Haut und die vielen kleinen und großen Plagegeister. Insekten, Riesenameisen und widerliche, schleimige Blutegel, die man erst bemerkt, wenn die betroffenen Körperpartien bluten, machen uns anfangs zu schaffen. Der Umgang mit Abwehrsprays und das Abpflücken der Blutegel unter Einsatz eines Feuerzeugs (sogenanntes Egel-Toasten) wird zur vertrauten Routine. Die Einheimischen begegnen diesem Lebensraum mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Aberglauben: Niemals soll man den Namen der Beherrscher des Dschungels, Tiger und Elefant, aussprechen oder sich etwa an einem der mächtigen Urwaldbäume „erleichtern“! Allerdings bekommen wir die scheuen Dschungelkönige nie zu Gesicht, nur indirekt, in Form von Fuß- abdrücken der großen Katzen und den zertrampelten Lagerstätten der Rüsseltiere. Mit gemischten Gefühlen im Bauch liegen wir nachts auf unseren Feldbetten, gegen den Regen nur notdürftig geschützt durch die große Plastikplane, die wir zwischen die Land Rover spannen. Selbst das Schnarchen des Nebenmannes ist nur sanfte Begleitakustik zu den geheimnisvollen Geräuschen aus dem Dschungel Dickicht.- Das Gefühl, von tausend Augenpaaren beobachtet zu werden, beschleicht uns auf beklemmende Art und Weise. Wir sind hier geduldete Gäste, die sich den Gesetzen des Dschungels unterzuordnen haben. Ein tiefes Erlebnis…..

Der nächste Tag steht im Zeichen einer von insgesamt 22 Sonderprüfungen für die 45 Teilnehmerfahrzeuge. Das Reglement bewertet die Zeit, die ein Fahrzeugteam zur Bewältigung der gestellten Aufgabe benötigt. Unter den gestrengen Augen der Marshals wird auf sicheres Arbeiten mit der Winde und dem obligatorischen Erdanker geachtet. Vergisst das Team, ein Stück Textil zur Rückschlagsdämpfung auf das gespannte Stahlseil zu legen, so wird dies unbarmherzig mit Strafpunkten belegt, genauso wie die Gefährdung umstehender Personen oder rücksichtsloses Verhalten. Ein Team kann auch ganz aus der Bewertung herausfallen, wenn die Aufgabe nicht in der vorgesehenen Zeit bewältigt wird. Eine bittere Pille für mehrere Teilnehmer, die trotz gewaltigem körperlichen Kräfteeinsatz der Beifahrer das vorgesehene Ziel um wenige Minuten zu spät erreichen. –


Von Tag zu Tag werden die Bedingungen härter. Trotzdem ist die Stimmung hervorragend. Jeder hatte gewusst, dass dies eine besondere Lebenserfahrung sein würde und keiner wird diese Zeit wohl je in seinem Leben vergessen. Die Organisation klappt mit kleinen Schwächen gut, wobei eigentlich nur die für uns Europäer zu scharfe Küche mit dem ewigen Einerlei aus Reis und Nudelgerichten (Spezialität: Fischkopf-Curry) zu einigem Murren führt. Gut dagegen die medizinische Versorgung: Verteilt über den gesamten Konvoi stehen ein Arzt und mehrere Sanitäter parat, die im Fall der Fälle über Funk Helikopter-Hilfe anfordern können. Das Konzept, entlang der Route durch kleine Basisstationen eine Kommunikationskette zur Außenwelt aufzubauen, wurde dieses Jahr zum ersten Mal praktiziert, nachdem letztes Jahr ein Team mit technischen Problemen am Fahrzeug erst nach einer Woche aus ihrer misslichen Lage befreit werden konnte. Schlafen auf diesem Abenteuer-Trip ist jetzt ein echtes Problem, da die Sonderprüfungen bis spät in die Nacht andauern und die Scoutteams, zu denen wir eingeteilt sind, nachts ganze Streckenabschnitte für die nachrückenden Teams gangbar machen. Wer früher von der Mutti das Spielen im Dreck verboten bekam, kann hier alles nachholen. – Waschen ist wegen der starken Strömung in den Flüssen nur selten möglich. – Alle kämpfen sich verbissen zum absoluten Höhepunkt ihrer selbstverordneten Odyssee durch. Die Sonderprüfung Nr. 17 mit dem klangvollen Beinamen „Terminator“ steht für Action pur, ganz im Sinne des Hollywood-Streifens. Eine Stunde Zeit haben die Teams, um zuerst im Fluss ihre Ideallinie zu finden, sich dann die Uferböschung hoch zu quälen und anschließend durch hundsgemeinen Weichsand zu baggern. Ist das geschafft, wartet auf die Crews das sogenannte „Elefanten-Loch“, ein bodenloses Morastfeld von 50m Länge. Ist auch das durchlitten, bleibt noch ein langer und tief ausgewaschener Steilhang. Hier zahlt sich die Routine des späteren Gesamtsieger-Teams aus Australien und die Motorkraft ihres Range Rover aus.

In nur 18 Minuten Gesamtfahrzeit bewältigen Sie das Hindernis, das viele andere Teams aus Angst um ihr schon arg strapaziertes Material ganz auslassen. In den zwei Tagen, über die sich die Prüfungen am Terminator hinziehen, hat sich das Wetter auf der vor uns liegenden Route weiter verschlechtert. Der Veranstalter dirigiert die Teilnehmerfahrzeuge zurück, um dann an einem Kreuzungspunkt die verbleibende Strecke zum Zielpunkt auf geteerten Straßen zu fahren. Zu groß ist jetzt das Risiko, dass der Zeitplan für das Abschlussfahren in den Sanddünen am Strand des chinesischen Meeres und die anschließende Preisverleihung, durcheinander gerät. Als fast alle Teilnehmer auf dem Rückweg sind, meldet ein Scout kurz vor unserer eigenen Abfahrt, die kürzere Strecke durch den Dschungel direkt nach Kuala Terrenganu wäre nun doch wieder passierbar. Er sei von der anderen Seite kommend, ohne Probleme, bis kurz vor unser Camp gefahren. Mehrere Scoutfahrzeuge, 3 verbliebene Teams aus Spanien sowie 2 Fahrzeuge aus Italien machen sich daraufhin am späten Abend auf den Weg in die stockdunkle Nacht. Niemand weiß zu diesem Zeitpunkt, dass die nächsten 25 km uns weitere zwei Tage Zeit kosten und für uns so kurz vor dem Ziel zur eigentlichen Belastungsprobe dieser „Challenge“ werden. Schon nach kurzer Zeit stoppt der Konvoi vor einer weggerissenen Brücke. Die Schlafpause in dieser Nacht ist kurz und in der Morgendämmerung passieren die Fahrzeuge das Hindernis. Leider wiederholt sich das Brückenbauspiel in immer kürzeren Zeitabständen und insgeheim verfluchen wir den Kerl, der uns diese Suppe eingebrockt hat. Es wird klar, dass der Scout einfach nicht tief genug in den Dschungel gefahren ist, als er die Strecke für befahrbar hielt. Nie in meinem Leben habe ich bisher freiwillig und so hart gearbeitet und dies im schmerzlichen Bewusstsein, dass die übrigen Teilnehmer zur gleichen Zeit im Hotel an der Bar eiskaltes Bier trinken. Sage noch einmal jemand, der Job eines Schreiberlings sei ein Traumberuf…

Am Ende ist der Weg durch die grüne Hölle dann aber doch geschafft und wir alle fühlen uns wie kleine Helden. Als einzige haben wir die gesamte Distanz auf Dschungelwegen bezwungen. Die Rain Forest Challenge ist ein Erlebnis mit Suchtfaktor und jedem zu empfehlen, der Abenteuergeist in sich verspürt. Wir sind auch dieses Jahr wieder dabei

Veranstalter dieser insgesamt 2 Wochen dauernden Tour ist die Luis J.A.Wee Motorsports Organisation. Die diesjährige Rainforest Challenge findet vom 25. November bis zum 5. Dezember 2001 in Malaysien statt. Interessenten, die sich fit fühlen, die Herausforderungen der Rain Forest Challenge auf sich zu nehmen, können sich gerne an den Deutschland-Koordinator Stefan Thiele wenden. Die deutsche E-mail Adresse für Informationen ist: office@ait-trading.com

Gerne informiert Sie das Kontaktbüro auch telefonisch unter 0611 – 407226. Voraussetzung für die Teilnahme ist, neben körperlicher Fitness und Ausdauervermögen, ein straßenzugelassener Geländewagen mit einer Seilwinde, höhergelegter Luftansaugung (Schnorchel), Überrollkäfig für alle Fahrzeuge mit Softtop, maximal zulässiger Reifendurchmesser 36″. Hauptsponsor Simex stellt zu günstigen Konditionen die speziell für Dschungel-Bedingungen zugeschnittenen Centipede und Jungle-Trekker Reifen zur Verfügung. Weitere Sponsoren sind Malaysia Airlines, das Fremdenverkehrsamt von Malaysien und eine große Hotelkette. Die Teilnahmegebühr beträgt für ein Fahrzeug mit 2 Insassen 2000 US $ incl. 4 Hotelübernachtungen vor und nach der eigentlichen Veranstaltung. Dazu kommen die Kosten für den ermäßigten Flug mit Malaysia Airlines, die Containerverschiffung des eigenen Fahrzeuges und diverse Kosten vor Ort. Genaue Angaben finden Sie auf der RFC Homepage.

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